Mit Neffentrick über 200.000 Euro erschlichen

Erstellt am 23. Juni 2014 | 15:15
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Gericht
Foto: NOEN, Erwin Wodicka
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Mit dem "Neffentrick" sollen ein 29-jähriger Steirer und ein 61-jähriger gebürtiger Oberösterreicher in Ostösterreich ihren Opfern, vorwiegend betagten Frauen, über 200.000 Euro herausgelockt haben.
Das Duo muss sich heute Montag im Landesgericht Eisenstadt wegen gewerbsmäßigem schweren Betrug verantworten.

In Justizanstalt Hirtenberg zu Delikten verabredet

Zum Prozessauftakt bekannten sich beide zu den meisten Anklagepunkten schuldig, allerdings mit Einschränkungen. Staatsanwalt Heinz Prinke hielt dem 29-Jährigen acht und dem 61-Jährigen 20 Betrugshandlungen vor, in einigen Fällen sei es beim Versuch geblieben.

Die beiden hätten sich in der Justizanstalt Hirtenberg kennengelernt und sich dazu verabredet, sich durch die Betrügereien eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen. Meist soll dabei der Erstangeklagte sich als Neffe oder Enkel ausgegeben haben, der dringend eine Behandlung benötigte, während der 61-Jährige sich dann als der behandelnde Arzt gemeldet hätte.

Jüngerer hatte Angst vor Beschwerden des Älteren

Der "Neffe" soll in einigen Fällen auch vorgetäuscht haben, dass er sexsüchtig sei und eine Behandlung benötigte, weil man annahm, dass das den Opfern peinlich sei und sie nicht viele Fragen stellen würden. Den höchsten Betrag - über 110.000 Euro, dazu noch Goldringe, einen Gold- und einen Silberdukaten - sollen die beiden von einer 85-jährigen Frau aus der Steiermark erhalten haben.

Der Verteidiger des 29-Jährigen schilderte vor Gericht, dass dieser Geld für eine Operation zur Beseitigung einer Bauchfalte benötigt hätte, die sich aufgrund großer Gewichtsabnahme gebildet und zu Abszessen geführt hätte. Außerdem sei er vom Zweitangeklagten genötigt beziehungsweise erpresst worden und habe deshalb mitgemacht.

Der 29-Jährige habe Angst gehabt, aus dem gelockerten Vollzug, in dem er sich befand, wieder herauszufallen, wenn sich der 61-Jährige über ihn in der Justizanstalt beschwere, was dieser auch einmal gemacht habe. "Die Betrügereien, das mit den alten Damen und mit der peinlichen Krankheitsgeschichte, das hat er mir alles beigebracht", sagte der 29-Jährige über den mutmaßlichen Komplizen aus.

Güssingerin wurde um 5.000 Euro geschädigt

Dass er den Mitangeklagten unter Druck gesetzt haben soll, bestritt der 61-Jährige nachdrücklich. Er habe lediglich den Kontakt zu dem anderen gesucht, weil ihm dieser in Aussicht gestellt hatte, ihm 1.000 Euro zu borgen und sich dann nicht mehr gemeldet hätte. Die diesbezüglichen Angaben des Erstangeklagten "stimmen überhaupt nicht", meinte er. Warum ihn der Mitangeklagte, den er seit Jahren kenne, belaste, könne er sich auch nicht erklären: "Wir waren immer gute Freunde."

Auch bei einer Frau in Güssing sollen die beiden im September des Vorjahres versucht haben, mit dem Neffentrick an Geld zu kommen. Der jüngere der beiden soll sich als Enkel ausgegeben haben, der 25.000 Euro für eine Operation dringend benötige. Die Frau wurde damals um 5.000 Euro geschädigt, die der 61-Jährige abgeholt haben soll.

"Schämen sie sich nicht?" wollte die Vorsitzende des Schöffensenats, Karin Lückl, vom 29-Jährigen wissen. "Natürlich schäme ich mich", antwortete dieser. Er sei allerdings unter Druck gestanden und habe "selber nicht mehr gewusst, was ich da mache."

Schuldig: sechs und siebeneinhalb Jahre Haft

Montagnachmittag hat ein Schöffensenat in Eisenstadt die zwei Angeklagten schuldig gesprochen: Der 29-Jährige wurde wegen gewerbsmäßigem schweren Betrug zu sechs, der 61-Jährige zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

Die Anklage hatte den beiden einen Gesamtschaden von über 200.000 Euro vorgeworfen. Als mildernd wertete das Gericht die zum Teil geständige Verantwortung sowie den Umstand, dass es teilweise beim Versuch gelieben sei.

Erschwerend seien neben der vielfachen Überschreitung der Wertgrenze einschlägige Vorstrafen, die beim Älteren "massiv" seien sowie die Vielzahl von Angriffen, so die Vorsitzende des Schöffensenats, Karin Lückl, in der Urteilsbegründung. Am verwerflichsten sei jedoch, "dass sie die Hilflosigkeit dieser Frauen ausgenützt haben", so die Richterin. Die Opfer hätten nur ihren Verwandten behilflich sein wollen. Die beiden Verurteilten verzichteten auf Rechtsmittel, der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab.