Bernhard Strobel: Ein paar Seiten, ganz viel Leben

„Eine gute Short Story muss ein ganzes Leben enthalten. Und dieses Leben auch entscheiden.“ Bernhard Strobel meint, was er sagt, wenn er von der Herausforderung Kurzgeschichte spricht. Er meint es zweifelsohne ernst.
Der vierte Erzählband – „Nach den Gespenstern“ – ist soeben im Droschl-Verlag erschienen. Als „Meister der kurzen Form“ gilt Strobel längst; das heißt aber nicht, dass er nicht immer noch laufend so viel Energie in seine Figuren steckt, dass die ihn oft tagelang verfolgen.
Im neuen Buch sind sie auch wieder hinter sich selbst her, schleichend und gewissermaßen zwischen den Zeilen, wie man es aus Bernhard Strobels Geschichten kennt. Alltägliche (nie banale) Szenen schlagen um in bedrohliche Szenarien; allzu menschliche Konflikte werfen existenzielle Fragen auf und nicht selten werden diese so ganz nebenbei beantwortet. Das kann auch witzig sein, öfter als man denkt.
Viel zu tun: Erzählungen, Roman(e), Übersetzungen …
Dabei von einer „kurzen Form“ zu sprechen, ist eigentlich eine bodenlose Untertreibung: Abgesehen von der dichten Stimmung, die diese Erzählungen erzeugen, ist der Weg dorthin ein langer. Denn eine solche Geschichte wird mehrfach bearbeitet und umgeschrieben; alles hängt zusammen. „Ich sehe jeden Erzählband so wie das Konzeptalbum einer Band“, gibt Strobel Einblick. Natürlich kennt und kann er auch die Langform. Sein zaudernder Held Leidegger (bekannt aus dem ersten Roman „Im Vorgarten der Palme“) ist derzeit unterwegs in Richtung Ende des zweiten Teils; seine Geschichte ist als Trilogie angelegt. „Ein Erzählband ist noch dazwischengekommen“, sagt Strobel, „mal schauen, welche Geschichten jetzt noch dazwischenkommen.“
Arbeit gibt‘s jedenfalls genug. Nicht zuletzt, weil der Neusiedler Autor zugleich als besonders aktiver Übersetzer aus dem Norwegischen bekannt ist: Bücher von Tor Ulven, Jan Kjærstad oder Bjarte Breiteig tragen im Deutschen seine Handschrift.
Wie geht sich das alles aus, wenn nicht nur all die Figuren ihre Ansprüche stellen, sondern das eigene (Familien-)Leben ebenso gelebt werden will? Mit einem guten Plan: Abends und nachts widmet sich Strobel den Übersetzungen, am Vormittag den eigenen Geschichten.
Alles hat seine eigene Zeit, wie eben alles seinen eigenen Ton hat. Auch da ist Bernhard Strobel streng, denn es geht schließlich um nichts weniger als darum, ein ganzes Leben in eine Geschichte und zwischen zwei Buchdeckel zu packen.