Offiziell gibt es keine Obmann-Debatte. Harald Knabl über schwierige Zeiten für ÖVP-Chef Michael Spindelegger.

Selten, ganz selten zuvor, ist ein taktischer Wahlsager, so richtig ernst nehmen konnte die Ankündigung vor sechs Monaten eh niemand, so rasch und so kaltschnäuzig ad acta gelegt worden. Selten zuvor aber hat sich ein Politiker, noch dazu einer, der angetreten ist, Bundeskanzler dieses Landes zu werden, selbst so brutal entzaubert. Michael Spindeleggers Auftritte vor der Nationalratswahl wirkten stets konstruiert, künstlich übermotiviert und von Beratern ferngesteuert.
Michael Spindelegger wird jetzt von seinen Versuchen eingeholt, während des Wahlkampfes den starken Mann der starken Sprüche zu spielen. Kein Wunder, dass die Parteifreunde aufbegehren. Aus den westlichen Bundesländern kommt, nein, hagelt es nun harsche Kritik.
Da war die Schulreform nur willkommener Anlass, dem Parteiobmann eins überzubraten. Jetzt stellt sich auch noch der Wirtschaftsflügel gegen Spindelegger und gießt Öl ins Feuer. Die steirische ÖVP hat gleich nach den Personalentscheidungen, die Regierungsposten betreffend, angekündigt, sich dem Klubzwang nicht immer beugen zu wollen.
Noch wird die Obmanndebatte in der ÖVP bestritten. Es ginge nicht immer um den Obmann, wenn man die Zustände der Bundes-ÖVP kritisiere, hieß es. Stellt sich die Frage: Um was, bitte schön, geht es denn dann?