SPÖ: Jetzt wird noch einmal gezählt

Genau genommen bekommt die SPÖ innerhalb von drei Tagen den dritten Vorsitzenden: Nachdem Pamela Rendi-Wagner beim Sonderparteitag in Linz von Hans Peter Doskozil an der Spitze abgelöst worden war, steht mit dem vertauschten Ergebnis der Kampfabstimmung jetzt Herausforderer Andreas Babler bereit. Er will zuvor auf Nummer sicher gehen und verkündete eine neuerliche Auszählung und die genaue Prüfung der Zahlen.
Zugleich drückte Babler sein Bedauern über diesen „Tiefpunkt“ aus. Dieser sei nicht nur für Doskozil schmerzhaft, sondern für die ganze Partei: „Ich möchte mich für das Bild, das Teile unserer Apparate in den vergangenen Wochen abgegeben haben, aus tiefstem Herzen entschuldigen.“
Dass es umgehend Spott für das Auszählungs-Debakel gab, überraschte auch Doskozil nicht. Das Ergebnis erkennt er aber an und verkündete zugleich, dass er nun aus der Position im Burgenland heraus alles für die geeinte SPÖ tun werde; bundespolitische Ambitionen des Landeshauptmannes gibt es ab sofort keine mehr, ließ er wissen. Zugleich gratulierte Doskozil seinem Herausforderer Babler – und er wagte den Ausblick, dass es nach der Häme „wieder schönere Zeiten für die Sozialdemokratie“ geben werde.
Die Wahlkommission ist (wieder) am Zug
Wie berichtet, hatte die Leiterin der Wahlkommission, Michaela Grubesa, bekannt geben müssen, dass man sich beim Befüllen einer Excel-Tabelle geirrt habe und die Babler-Stimmen Doskozil und umgekehrt zugeordnet hatte. Eine Nachprüfung am Parteitag habe es nicht gegeben, weil sie niemand verlangt habe. Dass überhaupt noch einmal nachgezählt wurde, hängt damit zusammen, dass beim am Parteitag verkündeten Ergebnis eine Stimme gefehlt hatte. Um die verlorene Stimme und das aktuelle Ergebnis gibt es weiterhin Unklarheit; nicht zuletzt deshalb wird nochmal gezählt.
Die Wahlkommission wird dazu am morgigen Vormittag zusammentreten. Ein neuer Parteitag ist laut Grubesa nicht nötig: „Aus meiner Sicht ist der ganze Prozess belegbar“, sagt die Kommissionsleiterin, die sich bei Doskozil entschuldigte. Dass die weiteren Gremien wie erwartet schon am Mittwoch zusammentreten, ist nunmehr unsicher.
An der SPÖ-Einigkeit wird trotzdem gebastelt
Wie es nun personell an zentralen Positionen wie jener der Bundesgeschäftsführung oder des Klubchef-Sessels weitergeht, wollten weder Doskozil noch Babler weiter kommentieren. Bis zur Fehlermeldung aus der Wahlkommission waren schon einige Namen im Umflauf, ebenso wie Angebot Doskozils an Babler. Inwiefern die mehrfach beschworene Zusammenarbeit der beiden Lager umsetzbar ist, wird sich erst weisen.
Beschämt zeigten sich auch viele andere SPÖ-Parteigranden: Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser nannte die Geschehnisse rund um die Stimmenauszählung unglaublich. Vorarlbergs SPÖ-Parteivorsitzende Gabi Sprickler-Falschlunger zeigte sich angesichts des vertauschten Auszählungsergebnisses fassungslos. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig wiederum sicherte dem „engagierten, dynamischen Sozialdemokraten“ Babler nur seine volle Unterstützung zu.
NEOS-Obfrau Beate Meinl-Reisinger sah in dem Ereignis nicht bloß einen Schaden für die SPÖ sondern auch für die Demokratie „und das ausgerechnet in Zeiten eines massiven Vertrauensverlusts“. Ähnlich war die Einschätzung von FPÖ-Chef Herbert Kickl: Bürger würden sich angesichts von Ereignissen wie der Auszählungspanne, die offenbar nur durch einen Zufall ans Licht gekommen sei, fragen, ob solche „Verwechslungen beziehungsweise Verdrehungen“ bei Ergebnissen tatsächlich erstmalig aufgetreten seien. Für ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker versinkt die SPÖ im „völligen Chaos“.