„Schlepper-Geschäft erfolgreich gestört“

BVZ: Um das Thema Schlepper ist es derzeit ruhig, dabei nehmen die Aufgriffszahlen mit Beginn der warmen Jahreszeit für gewöhnlich zu.
Innenminister Gerald Karner: Die organisierte Kriminalität orientiert sich nicht an der Wetterlage, sondern an den Geschäftsmöglichkeiten. Diese haben wir in vielen Bereichen erfolgreich zerschlagen und sind auf die Asylbremse gestiegen sind. Schlepper reagieren auf so etwas sofort und ändern die Routen. Wir haben im Burgenland um 56 Prozent weniger Aufgriffe, im Bezirk Oberpullendorf sind es sogar minus 75 Prozent. Österreichweit beträgt der Rückgang 31 Prozent. Schlepperei bleibt aber auch ein europäisches Problem. Es braucht mehr Kooperation, deswegen werde ich mich demnächst mit der Amtskollegin aus Deutschland und dem dänischen Innenminister treffen.
Werden dabei auch die “grenznahen Asyl-Zentren" diskutiert?
Viele haben sich der Meinung Österreichs angeschlossen: Wir brauchen Asylverfahren an EU-Außengrenzen und in sicheren Drittstaaten - ganz nach dem dänischen Modell. Ich wurde dafür noch kritisiert, als ich das zuerst gesagt habe. Immer mehr Länder gehen nun aber auch in diese Richtung.
Wann wird das umgesetzt?
EU-Entscheidungen dauern. Aber in Deutschland sind die Asylzahlen um 90 Prozent gestiegen, der Druck nimmt also in vielen Ländern zu. Hoher Druck führt allerdings auch zu schnelleren Entscheidungen.

Glauben Sie, dass der technischen Fortschritt beim Überwachungsgerät illegale Grenzübertritte vielleicht einmal gänzlich verunmöglichen?
Ziel ist, sie zu verhindern. Ich bin sehr dankbar, dass Bundesheer und Polizei gemeinsam die Grenzen so eng kontrollieren, neue Techniken wie Drohnen und Hubscharauber können dabei helfen, gerade das Burgenland ist hier Technik-Vorreiter.
Eine enorme Pensionierungswelle steht an - kann man die geburtenstarken Jahrgänge überhaupt nachbesetzen?
Wir müssen! Wir suchen daher junge Menschen und auch Spätberufene und haben das Aufnahmesystem attraktiviert, das Gehalt für Polizeischüler erhöht, es gibt Klimatickets für alle Polizeischüler, Führerscheinkosten werden übernommen. Den Arbeitskräftemangel gibt es in allen Berufsgruppen, da die Babyboomer in Pension gehen.

Schon Alt-Landeshauptmann Hans Niessl wollte mehr Polizei im Burgenland - ist das noch aktuell?
Der Personalstand ist sowohl bundesweit, wie auch im Burgenland so hoch wie noch nie: mit 38.000 und davon 32.000 Uniformierten. Von den 4.300 zusätzlichen Planstellen sind 3.000 bereits erfüllt. Wichtig ist es, auch Spezialisten zu gewinnen, vor allem für die Bekämpfung der Internetkriminalität. Wir haben in der Ausbildung ein zusätzliches Modul eingeführt, um Experten in allen Bundesländern zu bekommen.
Wie gefährlich ist Cyber-Crime?
Niemand würde das Haus verlassen, ohne die Tür zu schließen. Im Internet passiert aber genau das. Die Steigerung bei Cyber-Crime ist über 44,5 Prozent im Burgenland, 30 in Österreich. 1.300 Delikte wurden 2022 im Burgenland angezeigt. Am häufigsten geht es dabei um Betrug, aber auch um Hass und Gewalt im Netz.
Wie kann man hier die Täter fassen, diese befinden sich ja oft außerhalb der EU?
Es sind großteils internationale Tätergruppen mit Callcentern auf der ganzen Welt. Daher braucht es internationale Kooperation. Bei Internet-Delikten helfen höhere Strafen. Diese erlauben beispielsweise den Einsatz von Peilsendern oder EU-Haftbefehle - die hat man bei Bagatelldelikten nicht.

Wie ist die generelle Bedrohungslage - was macht uns im Burgenland am meisten Sorgen?
Das Burgenland ist immer statistischer Ausreißer, weil Schlepper hier registriert werden. Drei Bereiche sind bundesweit und im Burgenland unter besonderer Beobachtung: Schlepper, Internetkriminalität und Extremismus in unterschiedlichen Ausprägungen, wie Rechtsextremismus oder islamistischer Extremismus.
Um islamistischen Extremismus ist es scheinbar still geworden.
Es stehen nach wie vor Einzeltäter unter Beobachtung. Radikalisierung erfolgt zunehmend im Internet. Aber der neue Verfassungsschutz DSN (Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst) hat wieder einen makellosen globalen Ruf, den die Vorgängerorganisation BVT (Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung) verloren hat. Das erleichtert die internationale Kooperation sehr.
Gibt es im Burgenland mehr Rechtsradikale als bundesweit?
Das Burgenland liegt hier im bundesweiten Trend. Grundsätzlich hat die Pandemie extremistische Strömungen befeuert. Die Direktion Staatsschutz Nachrichtendienst hat diese Entwicklung aber genau im Blickfeld und hat erst Anfang Mai zahlreiche Hausdurchsuchungen im Kampf gegen den Rechtsextremismus in ganz Österreich vorgenommen.