Kritik an Schnedl-Entlassung
Kritik an Schnedl-Entlassung. Lange erwartete Prüfung durch Bundes- und Landesrechnungshof nun veröffentlicht. Die Rechnungshöfe bemängeln „Entlassung ohne Prüfung von Alternativen“. Insgesamt umfasst der Bericht 83 Empfehlungen.
Die fristlose Entlassung des früheren Geschäftsführers der burgenländischen Krankenanstaltengesellschaft (KRAGES), René Schnedl, und des ehemaligen Chefjuristen Yalcin Duran sorgte Anfang April 2017 für Aufregung. Jetzt zeichnet der gemeinsame Bericht des Bundes- und Landesrechnungshofes die Ereignisse nach. Die Überbringung der Entlassung in Schnedls Privathaus gipfelte 2017 in einem Polizeieinsatz. Während der damalige Gesundheitslandesrat Norbert Darabos (SPÖ) in der Folge schwere Vorwürfe gegen Schnedl erhob, sprach die Opposition von einem „Skandal“.
Nach einem Generalvergleich wurden Ende 2018 alle Vorwürfe gegen Schnedl fallengelassen.
Im Prüfbericht steht nun zu lesen, wie es zur Entlassung kam.
- Anfang März 2017 fasste die Landesregierung in Zusammenhang mit der Eingliederung der KRAGES in die Landesholding den Beschluss, die Finanzabteilung und externe Experten mit einer Sonderprüfung der KRAGES zu beauftragen.
- Am 27. März 2017 starteten eine Rechtsanwalts- und eine Wirtschaftsprüfungskanzlei die Sonderprüfung.
- Am 31. März 2017 empfahlen beide in einem Zwischenbericht die Entlassung des Geschäftsführers. Nach Ansicht der Rechtsanwaltskanzlei verstieß er gegen seine Treuepflichten gegenüber der KRAGES, unter anderem durch Auszahlung der Fixprämie ohne Vereinbarung mit Aufsichtsrat oder Prüfungsausschuss, durch Abwesenheit ohne Dokumentation der Verhinderungsgründe und Behinderung der Prüfungstätigkeiten.
- Am 3. April 2017 entschied sich die Generalversammlung der KRAGES für die Entlassung des Geschäftsführers. Ob das Land alternative Möglichkeiten der Beendigung des Dienstverhältnisses prüfte, war nicht dokumentiert – so heißt es im nunmehrigen Bericht.
Die Rechnungshöfe empfehlen deshalb, „nicht nur Berichte von Dritten als Grundlage für Entlassungen heranzuziehen. Zusätzlich sollten Gespräche mit Mitgliedern des Aufsichtsrats und leitenden Bediensteten der Gesellschaft geführt werden. Darüber hinaus sollten alternative Beendigungsmöglichkeiten und deren finanzielle Folgen nachweislich geprüft werden.“
Bestellung und Entlassung des KRAGES-Geschäftsführers sind, wie aus dem Bericht der Rechnungshöfe hervorgeht, Landessache. Uneins sind sich die Kontrollore und das Land Burgenland in der Frage, ob eine Entlassung tatsächlich so rasch über die Bühne gebracht hätte werden müssen. „Eine angemessene Überlegungsfrist war nicht ausgeschlossen, weil sie dazu dienen konnte, Behauptungen mit Fakten zu untermauern", argumentierten die Rechnungshöfe. Der Grundsatz der „Unverzüglichkeit" bei einer Entlassung dürfe nämlich „nicht überspannt werden". Das Land hielt dem entgegen, dass eine zu spät ausgesprochene Entlassung - auch, wenn ein Entlassungsgrund vorliege - unberechtigt erfolgen würde.
Nach Ansicht der Kontrollbehörde hätte es auch Alternativen zu einer Entlassung Schnedls gegeben: Bei einer Kündigung wären diesem neun Monatsgehälter zugestanden. Bei Fortbestand des Vertrages bis zum vereinbarte Ende hätten 27 Monatsgehälter plus Sonderzahlungen bezahlt werden müssen. In beiden Fällen wären die Gehaltszahlungen „deutlich" unter den bis zum Juni 2018 entstandenen Kosten von 526.000 Euro gelegen, errechnete der RH.
Prüfbericht listet auch Kosten auf
Die Rechnungshofprüfung listet im Zusammenhang mit der Entlassung Kosten für acht externe Auftragnehmer in Höhe von 526.410 Euro auf. Im März 2018 hatte die KRAGES eine weitere Rechtsanwaltskanzlei mit Vergleichsgesprächen zu den anhängigen Arbeitsrechtsverfahren mit Schnedl und Duran beauftragt. Zur Zeit der Gebarungsprüfung (Stand: Ende Juni 2018) hatte diese noch keine Kosten verrechnet. Laut Prüfbericht traf die KRAGES im Jahresabschluss 2017 für die anhängigen Arbeitsrechtsverfahren finanzielle Vorsorge in der Höhe von 650.000 Euro.
Der Prüfbericht geht weiters auf die Prämienregelung mit dem früheren KRAGES-Geschäftsführer ein. So habe dieser von Juli 2014 bis März 2017 die Prämie in monatlichen Teilbeträgen ausbezahlt bekommen. Der Geschäftsführervertrag sah eine Prämienregelung in Höhe von 17 Prozent des Fixbezuges für ein Geschäftsjahr vor. Schriftliche Zielvereinbarungen gab es dazu jedoch nicht. Deshalb empfehlen die Rechnungshöfe dem Land Burgenland und der Landesholding, jährliche Zielvereinbarungen sicherzustellen.
Zudem sei die Genehmigung und Dokumentation der Urlaube in den Geschäftsführerverträgen nicht geregelt gewesen. Eine lückenlose Dokumentation über die Abwesenheit Schnedls – dazu gab es unter anderem Kritik des Landes – lag in der KRAGES-Personalabteilung laut Prüfbericht nicht vor. Auch hier gibt es die Empfehlung an Land und Landesholding, die Vorgehensweise für Urlaube der Geschäftsführung klar zu regeln.
200 Seiten und 83 Empfehlungen
Der umfassende Bericht befasst sich auf 200 Seiten auch mit der Gesellschaftsstruktur und wirtschaftlichen Situation der KRAGES, Personalfragen oder dem In- und Outsourcing. Insgesamt sprechen die Rechnungshöfe zu all diesen Punkten 83 Empfehlungen aus – unter anderem zur nötigen Durchführung von Risikoanalysen, zum Beschaffungswesen, zur Abstimmung von Personalzuweisungen mit dem Land oder zu Weisungen an die Geschäftsführung.
Die ÖVP sprach in einer ersten Reaktion von Indizien für „politische Einflussnahme“ auf die KRAGES. Der heutige KRAGES-Geschäftsführer Harald Keckeis und Landeshauptmann und Aufsichtsratsvorsitzender Hans Peter Doskozil (SPÖ) betonten, dass viele Rechnungshof-Empfehlungen bereits in Umsetzung seien.
KRAGES: Rechnungshof-Vorschläge "in Umsetzung"
Die Rechnungshof-Vorschläge seien bereits "in Umsetzung", teilte die KRAGES (Burgenländische Krankenanstalten-Gesellschaft m.b.H.) am Freitag zum aktuellen Bericht des Bundes- sowie des Burgenländischen Landes-Rechnungshofes mit. "Sinnvolle Vorschläge sind willkommen. Konstruktive Kritik nehmen wir selbstverständlich ernst", stellte KRAGES-Geschäftsführer Harald Keckeis in einer Aussendung fest.
"Vieles von dem, was der Rechnungshof vorschlägt, ist bereits Realität oder wurde in ein Projekt eingebracht", so Keckeis. Den Burgenländern könne er jedenfalls versichern: "Die Versorgung mit Spitalsdienstleistungen funktioniert und das auf hohem Niveau. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten ihr Bestes, und das 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche."
92 Prozent der Patienten seien laut Umfrage mit den Spitalsleistungen zufrieden. Der "Masterplan Burgenlands Spitäler" sei ein wesentliches Reformprojekt.
Laufende Verbesserungen seien im Spitalswesen immer ein Thema: Seit Jänner 2018 sei die Landesholding Burgenland Eigentümerin der KRAGES. Mit der Holding gemeinsam war etwa eine neue Dienstwagenrichtlinie ausgearbeitet worden. Auch der aktuelle Geschäftsführervertrag entspreche den Anforderungen.
Geschäftsführer: "Wir blicken nun in die Zukunft"
Ein neues System der Liquiditätsplanung sei ebenfalls seit dem Budget 2019 umgesetzt. Weiters seien die KRAGES und der Burgenländische Gesundheitsfonds (BURGEF) seit heuer rechtlich und organisatorisch getrennt.
Die Entlassung des früheren Geschäftsführers sei "für die KRAGES ein außergewöhnlicher Einzelfall" gewesen, so Keckeis. Mit dem Ende Dezember 2018 zwischen der KRAGES und dem früheren Geschäftsführer vertraglich abgeschlossenen Generalvergleich sei "dieses Kapitel aus Sicht der Landeskrankenanstalten beendet".
"Die Vergangenheit haben wir abgeschlossen. Wir blicken nun in die Zukunft. Man sollte alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der KRAGES jetzt in Ruhe arbeiten lassen", stellte der Geschäftsführer fest.
Die Vorgeschichte
- Anfang April 2017 wurde René Schnedl als Geschäftsführer der Burgenländischen Krankenanstaltengesellschaft entlassen, ebenso der damalige Chefjurist Yalcin Duran.
- Die Überbringung der Entlassung durch Rechtsanwälte am Privatgrundstück Schnedls in Niederösterreich endete in einem Polizeieinsatz. Einer Klage Schnedls wegen Besitzstörung wurde später stattgegeben.
- In der Folge wurden seitens des Landes Burgenland als KRAGES-Eigentümer schwere Vorwürfe gegen Schnedl erhoben. Die Rede war unter anderem von „Ungereimtheiten“ im Zuge einer Sonderprüfung der KRAGES.
- Der Burgenländische Landtag verlangte eine Prüfung der Entlassung durch den Landesrechnungshof; die Landesregierung rief in der „Causa KRAGES“ den Bundesrechnungshof an. Die Rechnungshöfe entschlossen sich im Herbst 2017 erstmals zu einer gemeinsamen Prüfung.
- Sowohl René Schnedl als auch Yalcin Duran zogen vor das Arbeitsgericht; Duran bekam recht; kurz vor Weihnachten 2018 einigten sich die KRAGES und Schnedl in Form eines Generalvergleichs. Über die Höhe der Vergleichszahlungen wurde Stillschweigen vereinbart, zugleich musste die KRAGES erklären, dass alle erhobenen Vorwürfe gegen Schnedl sich als haltlos erwiesen hätten.