Gewerkschaft warnt: Dem öffentlichen Dienst gehen die Köpfe aus

60 Prozent der Bediensteten gehen in den kommenden zehn Jahren in Pension. In der Landesverwaltung wie bei der Polizei sucht man deshalb dringend nach Nachwuchs, vor allem auch in den Schulen. Und das, obwohl vor 20 Jahren vom Lehramtsstudium aufgrund der geringen Job-Aussichten noch abgeraten wurde.
„Heute wissen wir: Das war ein Fehler“, sagt Lehrergewerkschafter Christoph Windisch. Verstärkung wünscht man sich in den Volksschulen, wo die Lehrkräfte mit Administration oder Verhaltensauffälligkeiten gefordert seien; in den Mittelschulen mangelt es in Mathematik, Chemie, Physik, Musik.
Die Liste ist lang, die Forderungen bringen Windisch und der GÖD-Landesvorsitzende Manuel Sulyok auf den Punkt: „Die Lehrerinnen und Lehrer wollen in der Klasse mit den Kindern arbeiten.“ Zusatzaufgaben, allzu viele außerschulische Kooperationen, aber auch „Prestigeprojekte“ sollen hintangestellt werden. Unterm Strich brauche es vor allem Köpfe. Diese Wahrnehmungen kommen laut Sulyok und Windisch direkt aus den Schulen, man habe sich im Land umgehört.
Bildungsdirektion: Keine Klasse ohne Lehrer
Für jede Klasse im Land gebe es auch Lehrer, wird in der Bildungsdirektion festgehalten. Sollte eine rasche Nachbesetzung nötig sein, könne man den Bedarf in enger Zusammenarbeit mit der Pädagogischen Hochschule gezielt abdecken. Quereinsteiger aus anderen Berufsfeldern sind im Burgenland nur auf der Warteliste; bei den rund 75 nicht (fertig) ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern, die in den vergangenen beiden Jahren angestellt wurden, handelt es sich um Studierende.
„Der unterjährige Wechsel von Lehrpersonen aus einem anderen Bundesland ist in den letzten Jahren immer schwieriger geworden, daher greifen wir vermehrt auf Studierende zurück, die sich bereits im fortgeschrittenen Studium befinden. Damit findet auch ein intensiver Austausch aus Lehre und Praxis statt“, wird festgehalten. Insgesamt sind laut Bildungsdirektion derzeit 2.513 Landeslehrerinnen und -lehrer sowie 1.682 Bundeslehrerinnen und -lehrer im Einsatz.
Sulyok und Windisch warnen auch vor Qualitätsverlust: „Ohne jemandem die Befähigung abzusprechen, aber es braucht fertig ausgebildete Lehrkräfte in den Klassen.“ Gegen zu viele Quereinsteiger spricht sich auch PH-Rektorin Sabine Weisz aus: „Holt man nicht Ausgebildete mit unbefristeten Verträgen, tut man dem System nichts Gutes.“ Sie verweist auf die Möglichkeit berufsbegleitender Ausbildung.
„Die Situation wird sich noch zuspitzen“, weiß man auch in der Bildungsdirektion. Das System im Land habe sich aber bewährt, für die Attraktivierung des Berufs nimmt man jetzt den Bund in die Pflicht. Ein wesentlicher Punkt ist laut GÖD die Verkürzung der Ausbildung sowie die „grundlegende Neustrukturierung“. Rektorin Sabine Weisz stimmt auch hier zu: Gute Arbeitsbedingungen sollen gute Lehrkräfte bringen.
Und: Es sei wichtig, kurzfristige Maßnahmen zu finden, ohne einen langfristigen Mangel an Qualität zu erleiden. Die Rückholung von pensionierten Lehrkräften gehört hier ebenso dazu, wie die Möglichkeit berufsbegleitender Studien. An der PH-Burgenland gibt es daher ab dem Studienjahr 2023/24 Volzeitstudien mit Präsenztagen und Online-Einheiten.
Land und Polizei suchen ebenfalls Nachwuchs
Im Landesdienst erreichen bis Ende 2025 insgesamt 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Pensionsalter. Derzeit wird verstärkt in den Bereichen der Sozialarbeit, der Technik sowie der IT gesucht. „Sehr schwierig gestaltet sich auch die Rekrutierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für den amtsärztlichen Dienst“, heißt es auf Anfrage im Landhaus. Nun werde versucht, „durch zahlreiche Maßnahmen, wie zum Beispiel dauerhafte Ausschreibungen auf der Homepage des Landes, entsprechend gegenzusteuern“.
Bei der Landespolizei zählte die im Herbst gestartete Ausbildung nur zwölf neue Kräfte. Es gehe vor allem darum, den aktuellen Standard zu halten, erklärt Polizei-Sprecher Helmut Marban gegenüber der BVZ. Von 1. bis 30. April läuft daher die Einschreibung zum nächsten Lehrgang, der im September starten soll. Bis zu 30 Plätze sind frei.