Liegenfeld und Oschep: „Nur Qualität schafft vernünftige Wein-Preise“

Worauf können sich die Weintouristen im Burgenland in dieser Saison besonders freuen?
Andreas Liegenfeld: Zum einen ist es für uns Weinbauern heuer ein super Jahr, was Niederschlag und Vegetation angeht. Auf der anderen Seite haben wir die Positionierung im Weintourismus, die wir vor einem Jahr begonnen haben, massiv gefestigt. Es wurden und werden viele Schritte gesetzt, um die Weintouristen abzuholen. Dazu gehört zum Beispiel auch, dass ein Winzerbetrieb im Prinzip die Gastronomie in der Region übernimmt.
Herbert Oschep: Im Weintourismus ist es ähnlich wie in der Politik: Da lebt vieles von einer guten Stimmung. Deshalb haben wir versucht, die Stimmung zu heben und zu zeigen, was im Burgenland alles schon vorhanden ist. Und zu zeigen, dass es möglich und absolut nötig ist, dass Wein und Tourismus Hand in Hand arbeiten. Das wollen wir mit vielen Projekten noch verstärken. Ein Beispiel ist das Haus des Weins in Donnerskirchen, wo noch im Sommer intensiv mit der Gastro gestartet werden soll.
In der Person von Christian Zechmeister wurden jetzt der Weintourismus-Geschäftsführer und jener von Wein Burgenland zusammengeführt. Was ist der Plan dahinter?
Oschep: Dem Land ist das Thema sehr wichtig, und es wird eine nicht unerhebliche Summe für die Weinwirtschaft ausgeben. Das machen wir nicht aus Jux und Tollerei, sondern weil viel Geld zurückkommt und die Winzerinnen und Winzer als Wirtschaftsfaktor sehr wichtig fürs Burgenland sind. Aber natürlich haben wir auch die Aufgabe, sparsam mit den Steuermitteln umzugehen. Da war uns immer bewusst, dass die beiden Vereine früher oder später zusammenwachsen müssen. Mit Christian Zechmeister haben wir da den idealen Kandidaten.
Mit dem Spruch „Bordeaux war gestern – Burgenland ist heute“ sind Sie als Obmann angetreten. Wie beurteilen Sie die Entwicklung am Markt? Ist das Burgenland schon an der Decke angelangt?
Oschep: Da sind wir bei Weitem noch nicht angelangt. Natürlich haben wir eine begrenzte Menge, es werden rund 100 Millionen Flaschen Qualitätswein im Burgenland produziert. Insofern war es wichtig, auf Qualität zu setzen, denn nur damit schafft man vernünftige Preise. Das Preis-Leistungs-Verhältnis soll natürlich beibehalten werden, aber ich bin auch dafür, dass man Flaggschiffe installiert, wo ein guter burgenländischer Wein auch ein bisschen mehr kostet. Denn im internationalen Vergleich liegen wir beim Preis im unteren Bereich.
Liegenfeld: Wir waren ja im Herbst im Bordeaux. Dort kochen sie erstens auch nur mit Wasser, und zweitens haben die großen Bordeaux-Winzer zu viel Wein im Umlauf. Die Elite der Weinmacher stammt gar nicht aus der Region, das sind internationale Konzerne. Der Rest der Winzer hat's schwerer. Das passiert im Burgenland nicht, unser Ansinnen ist es, eine tolle Mitte zu haben, die sehr breit aufgestellt ist – natürlich mit einigen internationalen Zugpferden.
Oschep: Das Schlagwort vom Bordeaux habe ich ja nicht von ungefähr gewählt: Der Sinn dahinter war, den burgenländischen Winzerinnen und Winzern ein noch stärkeres Selbstbewusstsein zu vermitteln. Wir brauchen uns nicht zu verstecken – und da ärgert es mich, wenn Handelsketten prominent für den Zwei-Liter-Wein aus Italien um 2,99 Euro werben.
Wie sieht Ihre persönliche Bilanz aus? Was brennt Ihnen noch unter den Nägeln?
Liegenfeld: Eine große Herausforderung war die Idee, ein Haus des Weines an mehreren Standorten zu errichten. Da kommt man irgendwann auch auf den Boden der Realität. In Gols und Donnerskirchen haben wir das aber auf Schiene gebracht. Und wir wollen die Marke Burgenland noch stärker mit dem Wein in Verbindung bringen. Da schwebt mir eine Pyramide zur Orientierung für Konsumenten vor: Das Burgenland als Basis, in der Mitte die DAC-Gebiete und dazu die einzelnen Ortschaften, deren Profile geschärft werden. Und ganz oben sind die großen Cuvées oder die Riedenweine angesiedelt.
Welche Rolle sollen die Riede generell spielen?
Liegenfeld: Der Konsument soll auf einen Blick erkennen, dass Burgenland und Qualität in der Flasche sind. Das wollen wir auch optisch erkennbar machen. Und das ist auch eine klare Ansage gegenüber niederösterreichischen oder steirischen Tendenzen, wo man jetzt die Riede klassifiziert. Das ist aus meiner Sicht Unsinn, denn wer soll das entscheiden, welche Riede gut oder schlecht sind?
Oschep: Auch ich bin ein absoluter Gegner dieser Klassifizierung im Burgenland. Dann würde diese breite Mitte verloren gehen; da entsteht Missgunst anstatt pannonischem Zusammenhalt.
Sie beide spielen ja auch in der österreichischen Weinwirtschaft eine Rolle. Wie wird das dort diskutiert? Kratzt der Weg, den das Burgenland geht, an der guten Zusammenarbeit?
Liegenfeld: Überhaupt nicht, denn wir können auf nationaler Ebene die Entscheidungen in den Regionen treffen. Und das regionale Weinkomitee hat schon zweimal einstimmig beschlossen, dass wir dieser Klassifizierung nicht zustimmen.
Oschep: Auch jene Winzer im Burgenland, die solche ersten Lagen locker verkaufen könnten, sind genauso dagegen. Da würde dann eine solche Flasche nicht mehr 60, sondern 150 Euro kosten. Aber auch diese Betriebe wissen, dass wir im Burgenland vom Zusammenhalt leben.

Die DAC-Regionen wurden mit dem Werbe-Auftritt von Nicholas Ofczarek gefestigt. Sollen sie diese Mitte des burgenländischen Weins abbilden?
Liegenfeld: Uns geht es darum, das Profil zu schärfen, die Herkunftsweine zu forcieren – aber immer unter dem Dach Burgenland als wichtigste Herkunft.
Oschep: Zur Ofczarek-Werbelinie gibt es auch eine erfreuliche Neuigkeit: Wir werden bereits im Sommer die zweite Abfolge der Werbespots drehen, und im Herbst geht die Ofczarek-Kampagne weiter. Dieses Mal mit verstärktem Bezug zu Kulinarik und Landschaftsbildern. Das wird sicher wieder höchst spannend und innovativ! Diese Werbung hat schon für Aufsehen gesorgt, und damit sind wir auch bei internationalen Bewerben gut im Rennen. Wir sind stolz drauf, dass das so gelungen ist.
Ein anderes Thema: Wie sehr beschäftigt die Winzerinnen und Winzer der Klimawandel?
Oschep: Ein bekannter Winzer in Niederösterreich hat einmal gesagt, er kann das nicht mehr hören, dass er „im Einklang mit der Natur“ arbeitet. Er sagt: „Das ist ein täglicher Kampf da draußen!“ Das zeigt für mich, dass die Winzerinnen und Winzer sich jeden Tag aufs Neue drauf einstellen müssen. Deshalb wissen sie, wie man mit diesem Naturprodukt umgeht, und letztlich auch mit dem Klimawandel.
Liegenfeld: Ich persönlich feiere mit dem heurigen Jahrgang ein 40-jähriges Jubiläum: 1983 habe ich meinen ersten Jahrgang gekeltert. Und ich leugne nicht den Klimawandel, denn der ist absolut bemerkbar. Aber eines muss man sagen: Der österreichische Weinbau liegt in der nördlichsten Zone in Europa, und da sind wir sozusagen Profiteure dieser Erwärmung. Ich kann mich noch erinnern, in den 1980er- und 90er-Jahren waren von zehn Jahrgängen drei nicht reif, drei sehr gut und drei durchschnittlich. Jetzt ist jeder Jahrgang im Prinzip reif. Wein ist eine dankbare Pflanze, die in allen Klimazonen wächst. Wir können in eine Zukunft schauen, die nicht besorgniserregend ist – was den Weinbau betrifft, wohlgemerkt.
Sie sind als das Weinduo im ganzen Land bekannt, auch für die unterschiedliche Herkunft aus der SPÖ und der ÖVP. In der politischen Landschaft ist diese Paarung heute fast undenkbar – aber was kann die eine Partei von der anderen noch lernen?
Oschep: Jetzt bin ich zum ersten Mal sprachlos (lacht).
Liegenfeld: Ja, das ist schon eine schwierige Sache.
Oschep: Uns verbindet eine Zusammenarbeit, die gespeist ist von Sympathie und Vertrauen und von gemeinsamen Zielen. Das parteipolitisch umzumüzen, ist schwierig. Aber dieses Beispiel im Kleinen zeigt, dass etwas weitergeht, wenn man ein gemeinsames Interesse hat. Man könnte ja in der Bundespolitik auch das Interesse haben, dass jeder, der arbeitet, ein anständiges Gehalt bekommt. Und dass sich zwei Fraktionen da einigen, sollte selbstverständlich sein, dann könnte man auch was weiterbringen.
Liegenfeld: Unsere Zusammenarbeit ist von einer tiefen Freundschaft getragen, und so richtig intensiv parteipolitisch diskutieren wir beide gar nicht. Aber viele sprechen uns an und sagen, dass es ihnen gefällt, wie wir das machen. Ich kenne aber auch das politische Geschäft, da zählt Freundschaft nicht so viel. Als ehemaliger ÖVP-Spitzenpolitiker kann ich aber auch ganz offen sagen: Ich bewundere den Mut von Landeshauptmann Doskozil, dass er sich auch solch nationale Themen zutraut. Der Dosko hat hier sicher eine gewisse Markenpolitik geschaffen, und das ist gut für unser Selbstbewusstsein. Wenn es inhaltlich um Forderungen wie den 2.000-Euro-Mindestlohn geht, dann sage ich als Weinbauer: Bei einem Helfer, der den Wohnsitz vielleicht nicht einmal in Österreich hat, muss ich das hinterfragen. Bei einem Facharbeiter muss ich diesen Lohn sowieso zahlen, denn sonst kriege ich keinen.
Wie geht es mit Ihnen weiter, wenn Landeshauptmann Doskozil nach Wien gehen sollte?
Oschep: Für mich ist klar, dass ich natürlich mit dem Landeshauptmann nach Wien gehen würde. Das haben wir auch schon besprochen, denn unser Weg ist noch nicht ganz zu Ende, da haben wir noch ein bisschen was vor. Gleichzeitig will ich Obmann des Weintourismus bleiben, weil mir das ein großes Anliegen ist. Falls wir bundespolitisch aktiv gestalten könnten, möchte ich da meine Expertise und Erfahrungen aus dem Burgenland nutzen. Der Wein würde es sich verdienen, seitens des Bundes noch mehr unterstützt zu werden.
Sollte es künftig ein eigenes Wein-Ministerium geben?
Oschep: Das wäre wieder nur ein Türschild. Die Frage ist, warum es von Bundesseite nicht gelungen ist, den Wein so zu unterstützen, wie es etwa das Burgenland, Niederösterreich oder die Steiermark machen.
Liegenfeld (lacht): Als Weinbaupräsident würde ich mich jedenfalls sehr freuen, den Kanzleramtsminister mit einer gewissen Expertise zu unterstützen.