Couragierte Mörbischerin überführte „Neffen“. Couragierte 65-Jährige schaltete schnell und lockte Betrüger in Falle. Vorige Woche wurde Pole, der mit „Neffentrick“ Geld verdienen wollte, zu 18 Monaten Haft verurteilt.

„Mein Hirn lief wie ein Propeller“, schilderte die 65-jährige Mörbischerin Edith Dravits den Kriminalfall, der sich am Martini-Tag 2015, dem 11. November, ereignet hatte.
Vormittags hatte an diesem Tag bei ihr das Telefon geläutet. „Edith-Schatz, wie geht es dir?“, fragte der Anrufer. „Dann sagte er, er will mich besuchen, sei aber gerade in Wien bei einem Notar“, berichtete Edith Dravits.
„Bist du es?“, habe sie gefragt und den Vornamen ihres Neffen genannt, der in Deutschland lebt. Darauf antwortete der Anrufer, er sei erkältet, daher erkenne sie seine Stimme nicht. Bevor er auf Besuch komme, müsse er die Pensionistin aber um etwas bitten: Er brauche Geld.
„Zu diesem Zeitpunkt wusste ich schon, dass es ein Betrug ist“, erzählte die couragierte Pensionistin: „Mein Neffe sagt niemals ‚Schatz‘ zu mir, er kommt nicht unerwartet und er bittet nicht um Geld, weil er gut situiert ist.“
Doch zum Schein ging sie auf den Vorschlag des Anrufers ein. 25.000 Euro wollte dieser von ihr. Der Zufall wollte es, dass die Betrüger eine Frau ausgewählt hatten, deren Sohn Polizist ist. Diesen kontaktierte Edith Dravits nach dem Anruf.
„Er war im Dienst, die Kollegen holten ihn zum Telefon. Ich sagte ‚Neffentrick‘ und nannte ihm die Geldsumme. Meinem Sohn wurde fast schlecht, weil er glaubte, ich hätte das Geld schon hergegeben“, berichtete die mutige Mörbischerin.
Rasch wurde die Falle organisiert. In der Zwischenzeit hatte der Betrüger weitere Male angerufen. „Er sagte, er schickt den Herrn Klein vorbei“, erinnert sich Edith Dravits.
Sie blickte aus dem Fenster und sah einen sehr nervösen unbekannten Mann auf der Gasse auf und ab gehen.
Am Festnetz-Telefon hatte sie den falschen Neffen dran, der nicht wollte, dass sie auflegte, bis es zur Geldübergabe gekommen war.
Sie sagte, sie müsse noch das Geld ins Kuvert stecken, und rief vom Handy aus die Polizisten an: „Es geht los!“
Ins Kuvert schob sie Zeitungsschnipsel, die sie dem draußen wartenden Geldboten übergeben wollte.
„Ich schaute bei der Tür hinaus, sah den Fremden aber nicht mehr.“ Da hatte ihn die Polizei schon überwältigt. „Edith, was hast du gemacht!“, schimpfte indessen am Festnetz-Telefon der falsche Neffe, der mitbekommen hatte, dass der Betrug gescheitert war.
Vor Gericht musste sich jener polnische Staatsbürger verantworten, der das Geld abholen wollte. In Deutschland und der Schweiz war er bereits dreimal wegen ähnlicher Tricks verurteilt worden.
„Jetzt ist Schluss!“, warnte ihn Richter Wolfgang Rauter. „Alte Menschen auf diese Weise auszunehmen, ist eine ganz üble Vorgangsweise.“
Der Pole wurde zu eineinhalb Jahren Haft verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
An Edith Dravits wird wegen ihres couragierten Auftretens am 18. Jänner der Sicherheitsverdienstpreis verliehen.