Dienststellen: Polizeiboot ohne Besatzung

Erstellt am 10. April 2014 | 08:23
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Foto: NOEN, Stefan Obernberger
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Obwohl die Beamten aus Mörbisch als "Retter vom Neusiedler See" vergangene Woche mit dem Landessicherheitspreis ausgezeichnet wurden, sind die Tage der Inspektion gezählt.
Der Ort verliert nämlich mit 1. Juli seine Polizeidienststelle. Der Seedienst bleibt zwar und damit auch das Polizeiboot, die Beamten müssen jedoch künftig mit dem Pkw zum Boot fahren, so Kontrollinspektor Josef Malits.

Zeitfaktor spielt am See eine große Rolle

42 Personen sind im vergangenen Jahr aus dem Neusiedler See gerettet worden. "Davon haben 38 Personen wir gehabt", schilderte Malits. Bei acht dieser geretteten Personen ging es "doch schon in Richtung Lebensgefahr", die Zeit spiele am See also eine große Rolle.

Mit der Schließung der Dienststelle verlängert sich in Zukunft - zumindest nach aktuellem Stand - die Anfahrtszeit. Denn da das Boot weiterhin in Mörbisch bleibt, ein Teil der Motorboot-erfahrenen Polizisten jedoch vermutlich in die benachbarte Stadt Rust wechselt, müssen die Beamten eine etwa zehn Kilometer lange Autofahrt in Kauf nehmen, ehe sie das Boot starten können.

Rust: Besserer Stützpunkt, aber schlechtere Infrastruktur

"Wenn wir in Mörbisch unterwegs waren, hatten wir Ausfahrtszeiten zwischen drei und vier Minuten, jetzt muss man die Zufahrt von Rust (etwa zehn Minuten, Anm.) dazurechnen. "Es wird zu 99 Prozent von Rust weg auch funktionieren, nur die Schlagkraft hat da eine Einbuße", so der Kontrollinspektor, der seit 1999 seinen Dienst in der Seefestspielgemeinde verrichtet.

Zwar sei Rust einerseits sogar der bessere Stützpunkt für das Boot, weil "Rust zentraler liegt und man da nach Norden und Süden wegfahren könnte", die große Problematik sei allerdings die nicht vorhandene Infrastruktur in der Storchenstadt. "Bei uns ist der Auftrag da, wenn das Boot zurückkommt, egal ob das Streife oder Einsatz war, muss es für die nächste Ausfahrt tipp-topp hergerichtet sein. Es muss Öl nachgeschaut werden, gereinigt und auch getankt werden. Weil wenn es einen Notfall gibt, darfst du nicht mehr lange nachdenken."

Diese Wartung - etwa das Trocknen und Hochheben, damit sich weder Algen noch Muscheln anlegen können - sei in Rust so nicht möglich. Für den heurigen Sommer könnte man sich laut Malits anschauen, ob man das Boot in Rust "irgendwo liegen lassen könnte", das müsse man noch abklären.

Ministerin: "Für die Sicherheit ändert sich nichts"

Eine fixe Verlegung des Polizeibootes nach Rust würde für den Kontrollinspektor "Sinn machen." Diese Entscheidung obliege allerdings dem Innenministerium. Ressortchefin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) meinte dazu auf Anfrage: "Die Polizistinnen und Polizisten bleiben ja im Dienst, außer dass sie eben jemand anderem zugeordnet sind."

Die Arbeit bleibe die gleiche, es sei nur eben der Nachbarort verantwortlich. "Das heißt: Für die Arbeit, für die Sicherheit ändert sich nichts, außer dass wir es dann geschafft haben, größere Einheiten zu schaffen", erklärte Mikl-Leitner. Auf die Frage, ob eine Verlegung des Bootes nach Rust eine Option sei, erläuterte sie: "Die Landespolizeidirektion hat das im Detail geprüft. Das ist für diese Region die beste Lösung und die beste Basis, um weiterhin Sicherheit garantieren zu können."

Geld für neue Boote gewünscht

Generell wünschte sich Kontrollinspektor Josef Malits, dass seitens des Ministeriums "die Motorbootdienste nicht an den Rand" gedrängt werden und Geld für neue Boote - "die sind 25 bis 30 Jahre alt" - bzw. den Fahrzeugbestand und auch die Ausbildung aufgewendet werden sollte. Veraltetes Material gebe es "nicht nur bei uns".

Der Motorbootdienst der Polizei sei "eine wichtige Sache - egal wo. Dadurch, dass die Leute draußen sind und sehr viele Leute retten, sollte man da nicht so viel über finanzielle Sachen nachdenken", meinte Josef Malits.

Um generell fit zu bleiben, werden zu Beginn des Frühjahrs einige Fahrten durchgeführt, um wieder "reinzukommen". Knotenkunde stehe ebenso am Programm, wie die Fahrt an sich. "Diese Fahrten sind unheimlich wichtig, damit man wieder ein bisserl ein Gefühl dafür hat." Das Boot habe immerhin ein Gewicht von 3.500 Kilogramm.

Schließung auch "menschliches Problem"

Für die Beamten der Dienststelle Mörbisch stellt die Schließung im Übrigen "nicht nur ein berufliches, sondern auch ein menschliches Problem dar, weil wir doch so richtig zusammengewachsen sind und der ein oder andere Kollege wahrscheinlich weggehen wird." Außerdem habe man in den vergangenen Jahren "einen echt guten Seedienst aufgebaut", so Malits.

Versuche, die Schließung des Postens mit dem Hinweis auf Statistiken und Erfolge zu verhindern, brachten nichts. "Mörbisch ist eine von 122 Dienststellen und ich bin mir sicher, dass in dieser Richtung alle versucht haben, ihre Dienststelle zu retten."

Die Bevölkerung habe mit Protest- und Unterschriftenaktionen auf die Schließung reagiert: "Wir haben ja nicht nur den Motorbootdienst gemacht, sondern eben auch die Seefestspiele im Sommer, wo doch wahnsinnig viele Leute kommen." Auch im Tourismusbereich mit den zahlreichen Radfahrern, die etwa den See umradeln wollen, und aufgrund der Grenze sei immer einiges los. "Wir haben Tage, wo 7.000 Leute über die Grenze gehen und wieder zurückkommen."

Preis: "Unsere Leute sind auch bei Gewitter rausgefahren"

Auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit den Kollegen aus Ungarn sei immer Thema gewesen. "Wir haben das Ganze aufgezeigt. Es ist zwar zur Kenntnis genommen worden, aber offensichtlich war es dann doch zu wenig, dass man sagt 'Okay, lassen wir Mörbisch und machen wir eine andere Dienststelle zu. Wir haben gekämpft."

In den letzten Wochen der Dienststelle Mörbisch können sich die "Retter vom Neusiedler See" nun den Landessicherheitspreis - aktuell ist dieser noch gut verpackt - ansehen. Die Auszeichnung erhielten die Beamten für ihre Einsätze und wohl auch für ihre Einstellung: "Unsere Leute sind auch bei Gewitter rausgefahren. Die waren drauf aus, Leute zu retten. Und das ist auch für uns lebensgefährlich. Wenn der Blitz einschlägt, war's das", so der Kontrollinspektor.

Zwar sei man stolz auf den Preis, aber durch die Schließung habe diese Auszeichnung einen bitteren Beigeschmack. "Es ist bei meinen Kollegen und bei mir auch sehr viel Herzblut in Mörbisch dabei gewesen. Wir haben bis zum Schluss gehofft, dass die Dienststelle bleibt."
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