BVZ erinnert an „Kottan“-Erfinder

Viele BVZ-Leser kennen Peter Patzak wahrscheinlich aufgrund der österreichischen Krimi Parodie „Kottan ermittelt“. Mindestens ebenso lang ist der Filmemacher aber auch als bildender Künstler, Autor und Theaterregisseur erfolgreich. Anlässlich seiner aktuellen Ausstellung „Der Geist der Farbe“ hat die BVZ mit dem Künstler über Inspirationen, Prozesse und gesellschaftliche Veränderung gesprochen.
BVZ: In der Beschreibung zu Ihrer Ausstellung steht: „Man steht so da in der leeren Zeit, starrt auf die, in den Bildern, gefrorene Zeit und fragt sich ob es je eine Übereinstimmung des Ersehnten mit dem Erreichten gab, erzählt, um zu zeigen, was hinter der Geschichte ist.“ Gibt es diese Übereinstimmung in Ihrem Leben?
Peter Patzak: Es gibt immer wieder diese Zeiten, in denen das Ersehnte und das Erreichte deckungsgleich werden, aber das muss nicht sein. Die Conditio der Arbeit ist es meiner Meinung nach, den Weg zu gehen und darauf zu achten, was dabei die Überraschungen sind. Ist das Ankommen so wie man es sich vorstellt oder anders? Dadurch, dass bei der Lasurmalerei immer wieder Schichten aufgetragen und verändert werden, ergeben sich die Entwicklungen in diesem langsamen Prozess von selbst. Diesen Entwicklungen kann man nachgehen, muss es aber nicht. Konstant ist dabei der Ausgangspunkt des Bildes – meist eine Begebenheit, eine Art Logbuch mit der Idee, die verfolgt wird – das Resultat unterliegt dann aber den Überraschungen unterwegs.
„Ich habe nicht einen Stil gefunden, den ich bis zum Ende penetriert habe.“
Inwiefern verändern sich Ihre Bilder im Laufe der Zeit für Sie selbst?
Der Inhalt verändert sich gar nicht, ich glaube die Wirkung kann sich verändern aber das passiert auch nicht wirklich. Bilder sind konstante Partner und gute Freunde, weil sie sehr anspruchslos sind. Sie müssen warten, bis sie entdeckt werden, sie stänkern nicht und sind gute Wegbegleiter.
Welche Maler und Künstler, welche Filmemacher haben Ihre Arbeit am meisten beeinflusst und warum?
Das war altersbedingt immer wieder unterschiedlich. Anfang der 60er Jahre waren es beispielsweise die Surrealisten und alles rund um das surrealistische Manifest. Dann kam eine radikale Änderung und die italienische Arte povera wurde interessant. Da wurde beispielsweise Alberto Burri für mich sehr wichtig, später waren die in Europa lebenden japanischen Maler einflussreich. Ende der 60er verbrachte ich viel Zeit in New York und war mit Paul Morrissey, dem Filmer von Andy Warhol befreundet. Da hat mich das Plakative, Flächige und Aggressive der Popart fasziniert. Insgesamt könnte man sagen ich war immer sehr offen und habe den Austausch mit zeitgenössischen Künstlern gesucht, was ich auch heute noch gut finde. Ich habe nicht einen Stil gefunden, den ich bis zum Ende penetriert habe.
Filmisch war das etwas anders, da gibt es sehr wohl die Erkennbarkeit einer bestimmten Handschrift. Diese dramatisch humorvolle Ebene habe ich eingesetzt, weil ich einfach selbst so bin.
Zu welcher Zeit in ihrem Leben war welches künstlerische Medium für Sie das Wichtigste und warum?
Das habe ich bewusst gesteuert. Ab dem Punkt, wo die filmische Arbeit über das reine Experiment hinausgegangen ist und ein größeres Publikum fand, wollte ich mich nicht mit noch einer Sache der Diskussion stellen. Die Auseinandersetzung und Polarisierung, die das filmische Werk mit sich gebracht hat, hat mir genügt. Die Bilder waren gut bei mir aufgehoben und ich hatte zu dieser Zeit kein Bedürfnis sie zu teilen.
Wie hat sich die österreichische Gesellschaft zur Zeit von Kottan im Vergleich zu heute verändert? Was ist gleich geblieben, was hat sich vielleicht sogar verschärft?
Erschreckend ist, dass die Ignoranz und die fehlende Menschlichkeit möglicherweise sogar zugenommen haben. Die Menschen sind durch ein kritisches Gegenüber nicht mehr beeindruckbar und lassen sich deshalb so nicht mehr zum Nachdenken zwingen. Sie fahren ein zielloses Unterhaltungsboot ohne auf den Sturm, ohne auf die Kritik zu achten.
Das ist eine so dramatische Situation heute, gegen die kein Kabarett und keine Kunst anzukommen scheint. Intellektuelle werden zu Feinden gemacht. Es ist etwas ganz arges passiert, das offensichtlich in seiner Gefährlichkeit noch gar nicht erkannt wurde. Für nachfolgende Generationen wird es eine große Aufgabe, der Welt mit Humanismus und Menschlichkeit zu begegnen. Man hat den Eindruck, das Zyklische lässt im Moment leider aus. Sollte es doch eine Welle in die Gegenrichtung geben, muss sie ein Tsunami werden.
Sie haben 2010 in einem Interview gesagt: „Die Erde wird einmal einen bedeutsamen Rülpser machen, der uns zum Nachdenken bringt.“ – Würden Sie die derzeitige Situation als solche Rülpser interpretieren?
Das hat nichts mehr mit kleinen Geräuschen zu tun, das sind Welthaltungen. Es wird ein antidemokratisches Klima aufgebaut und ich weiß nicht, welches Motiv dahinter steht. Wenn es Macht ist, frage ich mich, was daran attraktiv sein soll. Denn Macht besitzt nie Liebe, aber Liebe immer Macht. Wenn es Kapital ist frage ich mich, was die Menschen noch wollen? Wie flächendeckend will der Kapitalismus die Gesellschaft in den Wahnsinn treiben?
Die flimmernden Medien haben in ihren Programmentscheidungen viel zu dieser Entwicklung beigetragen. Fernsehleute wurden ausgelacht, als sie gesagt haben: „Im Flachen Wasser kann man nicht ertrinken.“ Derzeit wird eindrucksvoll bewiesen, wie sehr das eben doch möglich ist.
Was verbinden Sie mit dem Burgenland? Worin unterscheidet sich die Wiener Seele von der burgenländischen und was haben sie gemeinsam?
Gemeinsamkeiten der Menschheit gibt es rund um die Welt. Ich möchte nicht von Seele sprechen, aber ich habe festgestellt, dass es im Burgenland eine große Achtung vor Menschen gibt.
Das hat vielleicht damit zu tun, dass das Burgenland sowohl sprachlich vielfältig als auch von der geografischen Lage her besonders ist. Es gibt viele unterschiedliche Menschen, die sich in der Geschichte in diesem wunderbaren Klima und dieser Landschaft niedergelassen haben – und irgendwie spürt man das hier im Burgenland bis heute noch.