Nina Schuller: „Eine Ordination war mein Traum“

Frau Schuller, nach bald eineinhalb Monaten „im Amt“ – wie wird das Angebot in Klingenbach angenommen?
Nina Schuller: Die Nachfrage ist groß, – Mitte Jänner war schon ein Zeitpunkt, wo ich mir gedacht habe, jetzt geht es bald nicht mehr, noch jemanden aufzunehmen. Man muss dazu sagen, dass es abgesehen von uns acht bei den Sozialen Diensten, also beim Land, angestellten Wundmanagern an sechs Standorten (Anm.: Gols, Klingenbach, Draßburg, Oberpullendorf, Oberschützen und Stegersbach), natürlich auch weiterhin Wundmanager gibt, die nicht angestellt sind. Der Bedarf ist aber einfach so groß, dass die Leute dankbar sind, dass da noch etwas dazu gekommen ist.
Früher wurde Wundmanagement eher belächelt, jetzt wird es richtig wahrgenommen.
Wie viele Patienten betreuen Sie im Schnitt pro Tag?
Schuller: Das variiert, – ich habe mit sieben Patienten täglich begonnen, dann wurden es zwölf, aktuell sind es wieder etwas weniger. Derzeit bin ich in der Praxis in Klingenbach die einzige Wundmanagerin, es soll aber eine zweite dazukommen. Das Problem ist, dass wir zertifiziert sein müssen, – die Ausbildung hat eben nicht ein jeder und es ist einfach sehr schwer, hier Personal zu bekommen. Der Bedarf ist, wie gesagt, so riesengroß, – ich glaube, wir könnten 40 sein und es wären noch immer zu wenige.
Was hat Sie selbst bewogen, eine derartige Ausbildung zu machen?
Schuller: Für mich war es wichtig, zu helfen. Ich habe als gebürtige Oberösterreicherin im AKH Linz mein Diplom abgelegt, war in der Hauskrankenpflege und habe 2006 meinen zertifizierten Wundmanager gemacht. Ins Burgenland bin ich später der Liebe wegen gezogen. Eine Ordination im Burgenland, – besonders in Klingenbach, wo ich lebe, – war immer mein Traum.
Wie sieht Ihr typischer Arbeitstag aus?
Schuller: Der Vormittag gehört meinen Ordinationspatienten und am Nachmittag mache ich Hausbesuche, vor allem bei Patienten, die bettlägerig sind. Die meisten meiner Patienten sind zwischen 60 und 90 Jahre alt. Darunter sind welche mit bereits jahrzehntelangen Leiden, andere haben traumatischen Wunden nach einer OP, – am häufigsten ist aber sicherlich das diabetische Fußsyndrom.
Ich desinfiziere und reinige die Wunden, bandagiere, fotografiere und dokumentiere - pro Patient muss man eine Stunde Zeit einrechnen. Ich versuche aber auch, etwas mehr über den Patienten herauszufinden, um ihm helfen zu können. Das ist immer ein bisschen wie ein Kriminalfall, man braucht Feingefühl. Es geht generell um eine „Rund-um-Sicht“ auf den Patienten, – man ist auch im Austausch mit Experten wie Ärzten oder Physiotherapeuten, organisiert Heilbehelfe wie Stützstrümpfe, schaut sich an, was die Krankenkasse bewilligt, – daher heißt es ja auch Wundmanagement.
Wie verhält es sich mit den Behandlungskosten?
Schuller: Für mich ist es wichtig, dass jene, die es sich nur schwer leisten können, nun auch eine qualifizierte Versorgung bekommen. Normalerweise beträgt eine Behandlungspauschale 52 bis 60 Euro. Wenn Patienten rezeptgebührenbefreit sind, zahlt bei uns das Land die komplette Behandlung. Bei keiner Gebührenbefreiung zahlt man selbst 25 Euro, weitere 25 übernimmt das Land. Für Patienten gibt es auch keinen komplizierten Papierkram mehr.
Hat sich Ihre Tätigkeit in den letzten Jahren verändert?
Schuller: Ja, früher wurde Wundmanagement eher belächelt, jetzt wird es gehört und gesehen, also richtig wahrgenommen. Schwer heilende Wunden werden leider immer mehr, – es ist sicherlich ein Beruf der Zukunft.
Was ist für Sie selbst das Schönste an Ihrem Beruf?
Schuller: Dass meine Patienten sagen: „Es tut so gut, ich fühle mich aufgefangen, es macht sich jemand Gedanken.“ Es sind viele dabei, die von Pontius zu Pilatus gelaufen sind, aber das Gefühl hatten, dass nichts weiterging. Die meisten sind dankbar, dass man ihnen ein bisschen Lebensqualität zurückgibt.