„Eisenstadt – einst und heute“: Martinkaserne

Erstellt am 15. August 2021 | 06:23
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Vor genau 168 Jahren war Baubeginn der Martinkaserne, sie sollte so manche Besatzungsmacht, aber auch einen berühmten Schüler beherbergen.

Die Ereignisse der Revolution von 1848/1849 führten zu einem erhöhten Bedarf an Offizieren und Führungskräften und in weiterer Folge zur Einrichtung von Kadettenschulen im Kaisertum Österreich. Es wurden mehrere Kasernen gebaut, wie etwa das Arsenal (1849 bis 1856) und die Rossauer Kaserne in Wien (1865 bis 1869), aber auch die Martinkaserne in Eisenstadt.

Nachdem der Kaiser im Jahr 1852 das Bildungswesen des Militärs reformiert hatte, erteilte der Obergespan von Ödenburg dem Magistrat von Eisenstadt im Oktober 1852 den Auftrag zur Bereitstellung von zwanzig Katastraljoch als Bauplatz. Im Mai 1853 erfolgte die Bauausschreibung für das „Kadetteninstitut Eisenstadt“ mit folgenden Vorgaben: Es musste ein dreistöckiges Gebäude, 144 Meter lang und 15,6 Meter breit sein, eine Schwimmschule und Einfriedungsmauer haben, die Baukosten 300.000 CM (Conventionsmünzen) nicht übersteigen und am 30. Juli 1855 fertig sein.

Unter der Bauleitung von Sigismund von Malinowskient stand das symmetrisch angelegte, lange dreiflügelige Hauptgebäude. Der Baubeginn war vor genau 168 Jahren, am 2. August 1853. Allerdings verzögerte sich der Termin der geplanten Fertigstellung, da man für die Baugrube immer wieder ganze Gesteinsschichten sprengen musste. Dadurch erfolgte die Eröffnung erst am 1. Mai 1858 mit knapp dreijähriger Verspätung.

Noch unerfreulicher war, dass es zu einer mehr als dreifachen Überschreitung der prognostizierten Baukosten kam.

Nach der Eröffnung im Jahr 1858 wurden 200 Zöglinge aus Straß in der Steiermark nach Eisenstadt umgesiedelt. Im Jahr 1871 erfolgte im Rahmen der Reorganisation der Militärinstitute die Auflösung des Kadetteninstitutes und im Jahr 1873 die Umgestaltung zur Infanteriekaserne. Zwei Infanterie-Bataillone wurden in der Kaserne untergebracht. Nach der Verlegung der beiden Infanterie-Bataillone nach Bosnien und Herzegowina im Jahr 1878 erfolgte eine Umgestaltung in eine Militär-Unterrealschule für 240 Zöglinge und im Jahr 1909 die Aufstellung der Militär-Oberrealschule.

Berühmter Schüler schrieb Geschichte

Von 1892 bis 1894 besuchte der bekannte Schriftsteller Robert Musil die Militär-Unterrealschule in Eisenstadt mit dem Ziel, Offizier zu werden. Hier kam es zu jenen Erlebnissen und Erfahrungen, die Musil später im Roman „Die Verwirrungen des Zögling Törleß“ verarbeitete.

Der Hetscherlberg wurde vom Militär gerne als Übungsgelände verwendet. Dort fand am Pfingstsonntag, dem 11.5.1913, auch ein für diese Zeit noch seltenes Sportereignis statt, u.zw. ein Fußballmatch zwischen der Mannschaft dieser Schule und der Marineakademie von Fiume. Eisenstadt siegte dabei 3:2.

Im Ersten Weltkriegs waren von 1914 bis 1918 Frontkader mehrerer Regimenter in der Kaserne untergebracht. Im Jahr 1918 wurde die Kaserne in „Honved-Oberrealschule“ umbenannt. Kommandant war der Major der Ungarischen Nationalarmee und Theresienritter Jakob Vass-Wiblinger.

Nach dem Untergang der Habsburgermonarchie, trat am 15. Juli 1922 der neu gewählte Burgenländische Landtag zur konstituierenden Sitzung in der Kaserne in Eisenstadt zusammen und das zweite Stockwerk wurde von da an bis zum Jahr 1930 vom Burgenländischen Landtag genutzt. Im Jahr 1922 zog die Bundesmittelschule samt Schülerheim im dritten Stockwerk des Gebäudes ein und das „Burgenländische Feldjägerbataillon Nr. 1“ wurde von Wiener Neustadt in die Kaserne nach Eisenstadt verlegt.

Im Sommer wurde vor allem die Schwimmschule im weitläufigen Park genutzt, die ab Mai 1923 auch für die Bevölkerung offen stand. Elisabeth Helfer, die 1938 aus Eisenstadt fliehen musste, verband damit eine Jugenderinnerung: „Ich erinnere mich an die Sommer, wo wir ins Militärbad gegangen sind, und zwar bei 14 Grad (...). Das war damals noch die alte Art, schwimmen zu lernen, zuerst mit einem Gürtel und einem Strick und einer Stange, dann ist die Stange weggelassen worden, zuletzt ist man nur mit dem Strick gehalten worden. Zum Schluss hat man nur noch den Korkgürtel gehabt.“

Zwischen 1938 und 1945 nutzte die deutsche Wehrmacht das Areal der Kaserne, welche anschließend bis zum Jahr 1955 als Quartier für die sowjetische Besatzungsmacht diente.

Nutzung nach den

beiden Weltkriegen

Zwischen 1955 und 1959 erfolgte mit einem Aufwand von etwa 30 Millionen Schilling eine Generalsanierung des Gebäudes und das ehemalige Stabsgebäude aus dem Jahr 1906 wurde in ein Krankenrevier umgebaut.

Im Jahr 1957 konnten die ersten Wehrpflichtigen in die Schulkaserne einrücken, in der das Infanteriebataillon 2 stationiert war.

Die einst berühmte Pappelallee war die Zierde der Stadt und der ganzen Landschaft. Sie wurde nach dem Bau der Kadettenschule angelegt und führte von der Schützener Straße zum südlichen Hauptportal des so genannten Instituts, dessen charakteristischer Giebel zwischen den Bäumen schon beim Einbiegen in die Allee dem Besucher ins Auge stach. Benützt wurde diese Zufahrt angeblich nur, wenn der Kaiser selbst zu Besuch kam. Wahrscheinlich wurde die Allee deshalb als „Kaiserallee“ bezeichnet. Kaiser Franz Josef I. zeichnete einige Male die Anstalt durch seinen „hohen Besuch“ aus. Die Pappeln mussten später aus Sicherheitsgründen entfernt werden.

Die Umbenennung der Schulkaserne in „Martinkaserne“ nach dem Landespatron, dem heiligen Martin von Tours, erfolgte im Jahr 1967.

Gegen Ende des 20. Jahrhunderts begann eine etappenweise Generalrestaurierung.

Am 1.5.2018 wurde des 160-jährigen Bestehens der Kaserne gedacht und auch der elfte Traditionstag der Heerestruppenschule abgehalten. Der Festakt wurde von der Militärmusik Burgenland, des Insignientrupps der Heerestruppenschule, einer Ehrenkompanie sowie einer Abordnung der Partnerschule aus der Deutschen Bundeswehr umrahmt.

Heute beherbergt die Kaserne das Militärkommando Burgenland, das Kommando der Heerestruppenschule und die Militärmusik Burgenland. Bis zum Ende des Assistenzeinsatzes war der Einsatzstab für den sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz nach Schengenerweiterung hier stationiert.

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