Bezirkshauptfrau Nicole Wild: Ein Jahr wie kein anderes

Erstellt am 19. Februar 2021 | 06:04
Lesezeit: 5 Min
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Bezirkshauptfrau Nicole Wild steht mit der BH Güssing seit einem Jahr vor großen Herausforderungen. Die Corona-Pandemie hat auch hier für neue Aufgabengebiete gesorgt, teilweise sind die Mitarbeiter rund um die Uhr im Einsatz.
Foto: BVZ
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Bezirkshauptfrau Nicole Wild hat mit ihren Mitarbeitern in der Corona-Krise ein Vielfaches an Arbeit geleistet, ein Ende der Mehrfachbelastung ist noch nicht in Sicht.

GÜSSING Die Bezirkshauptmannschaften spielen eine wesentliche Rolle bei der Pandemiebekämpfung. Bezirkshauptfrau Nicole Wild erzählt über die neuen Herausforderungen, den vermehrten Arbeitsaufwand und die Aussichten für 2021.

BVZ: Zwölf Monate Corona - Dachten Sie im März 2020, wie sehr Corona die Arbeit der Behörde beeinflussen wird?

Nicole Wild: Nein, ich konnte mir – so wie wir alle – nicht vorstellen, wie sehr Covid-19 unser Leben und auch die tagtägliche Arbeit auf der Bezirkshauptmannschaft Güssing beeinflussen würde. Die Bezirkshauptmannschaft Güssing sieht sich – auch in Pandemiezeiten – als moderne Dienstleistungs- und Servicestelle. Die Bezirkshauptmannschaften im Allgemeinen stellen eine wichtige, kundenorientierte Anlaufstelle dar und sind somit ein wichtiger Teil der Nahversorgung im ländlichen Raum.

BVZ: Was waren die schwierigsten Herausforderungen?

Wild: Covid-19-Arbeit ist Stabsarbeit. Die BH Güssing arbeitet als Krisenstab – quasi als „verlängerter Arm“ des Gesundheitsamtes – organisiert die Covid-19-Akte ab. Alle 54 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten seit März 2020 sowohl in ihrer Linienarbeit als auch an 7 Tagen die Woche im Covid-19-Dienst. In Spitzenzeiten bei vielen Infektionsfällen arbeiteten täglich zirka 12 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von 8 Uhr bis zirka 19 Uhr im Covid-19 Dienst. Im November 2020 wurde in der Covid-19-Arbeit ein elektronisches Aktensystem installiert. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt arbeiten zirka 6-8 Personen von 8 Uhr bis zirka 17 Uhr im Covid-19-Dienst. Ich habe 5 Covid-Teams in einem Dienstrad installiert; das heißt, dass z.B. Team 1 am Montag, Team 2 am Dienstag, etc. arbeitet. Team 1 arbeitet nach Team 5 wieder z.B. am Samstag. So ist gesichert, dass jedes Team ca. alle 3 Wochen ein dienstfreies Wochenende haben kann. Als Behördenleiterin bis ich sehr stolz auf meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sehr engagiert sowohl ihre Linienarbeit als auch die Covid-19-Arbeit erledigen.

BVZ: Wie ist die derzeitige Lage? Gibt es im Bezirk Güssing beispielsweise schon Hinweise auf die Britische Mutation?

Wild: Im Bezirk Güssing gibt es zwar Verdachtsfälle im Hinblick auf die Britische Mutation des Covid-19-Virus. Diese werden aber durch eine Sequenzierung noch weiter ausgewertet. Bestätigt ist daher bisher noch keiner.

BVZ: Haben Sie den Eindruck, dass die Menschen „Lockdown-müde“ geworden sind? Wie schaut es mit „Corona-Partys“ im Bezirk aus? Spielen diese eine Rolle im Infektionsgeschehen?

Wild: Die Anzeigen und auch Meldungen betreffend Verstöße gegen die Covid-19-Notmaßnahmenverordnung haben sich in den letzten 1-2 Wochen erhöht. Daraus und aus den Berichten in den Printmedien schließe ich auf eine „Lockdown-Müdigkeit“.

BVZ: Sehen Sie die Akzeptanz in Güssing für die Verordnungen gegeben, oder gibt es auch hier immer mehr „Verschwörungstheoretiker“?

Wild: Als Behördenleiterin und auch als Privatperson hatte ich wissentlich mit „Verschwörungstheoretikern“ noch keine Berührungspunkte.

BVZ: Wie gut wurde die BH Güssing in dieser Zeit von den neuesten Verordnungen der Regierung in Kenntnis gesetzt?

Wild: Seitens des Bundes wurden die Verordnungen oft relativ spät vor In-Kraft-Treten den Ämtern der Landesregierung übermittelt. Aber durch die enge Abstimmung mit dem Koordinationsstab Coronavirus und mit der Abteilung 6, der Gesundheitsabteilung im Amt der Landesregierung, sowie durch die Flexibilität und Kompetenz unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter war hier stets eine rasche Umsetzung möglich.

BVZ: Wie stehen Sie zu den verschiedenen Ausnahmeregelungen, die getroffen wurden?

Wild: Höchstes Ziel ist, die Infektionszahlen möglichst niedrig zu halten, die Bundesregierung berät mit Spezialisten und Landeshauptleuten darüber. Ich vertraue auf diese Expertise.

BVZ: Ist die BH Güssing auch in die Impfkampagne eingebunden

Wild: Die Koordination der Covid-19-Impfung im Burgenland erfolgt in einer eigenen Arbeitsgruppe im Amt der Landesregierung rund um die Impfkoordinatorin in Zusammenarbeit mit der Ärztekammer. Die Bezirksverwaltungsbehörden werden dabei regelmäßig über die neuesten Entwicklungen informiert.

BVZ: Gibt/Gab es Probleme bei der Ausstellung der Absonderungsbescheide? Oder sind die Betroffenen selbst um Aufklärung bemüht - auch bezüglich der Kontaktpersonen?

Wild: Seit November 2020 arbeiten die Bezirkshauptmannschaften des Burgenlandes die Erkrankungen in einem elektronischen System ab. Dies hat – vor allem im Hinblick auf den dem Infektionsgeschehen entsprechenden Personaleinsatz – große Erleichterungen gebracht. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass der Großteil der Verdachtsfälle, positiv Getesteten und Kontaktpersonen im Contact Tracing bereitwillig Auskunft gibt und mithilft.

BVZ: Wie denken Sie, dass sich die Lage in den kommenden Monaten entwickeln wird?

Wild: Ich hoffe, dass Österreich in den nächsten 1-2 Monaten so viel Impfstoff erhält, dass zumindest die Bevölkerung ab 60+ bzw. 65+ sowie die Risikogruppen durchgeimpft werden können. Ich habe gelesen, dass bis April 2021 noch zwei weitere Impfstoffe zugelassen werden sollen. Deshalb hoffe ich, dass sich die angespannte Lage in Sachen Covid-19-Impfung bald entspannen wird. Ich bin aber realistisch und glaube, dass Covid-19 und die Einschränkungen uns noch das ganze Jahr 2021 und vielleicht auch 2022 begleiten werden, da erst Entspannung herrschen wird, wenn die ganze EU bzw. die ganze Welt zu einem großen Prozentsatz durchgeimpft sind.