1.000 Wähler weniger, aber deutlich höhere Wahlbeteiligung

Erstellt am 29. Jänner 2023 | 22:09
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NÖ-Wahl Symbolbild
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Bei der niederösterreichischen Landtagswahl heute, Sonntag, wurden zwar um 1.043 Stimmen (laut vorläufigem Ergebnis ohne wahlkreisfremde Wahlkarten) weniger abgegeben - aber die Wahlbeteiligung ist deutlich, um fast fünf Prozentpunkte, auf 71,52 Prozent gestiegen. Das liegt daran, dass die Zahl der Wahlberechtigten (auf die sich die Beteiligung ja bezieht) deutlich geringer war als 2018. Denn heuer durften erstmals die rund 97.500 Zweitwohnsitzer nicht mehr mitentscheiden.
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Im Ranking der Bundesländer hat sich Niederösterreich damit auf Platz 3 vorgeschoben - und Kärnten überholt. Dort wird im März gewählt. Die größte Beteiligung hatte in der letzten Landtagswahl Oberösterreich, und auch das Burgenland kam noch auf über 70 Prozent; alle anderen Länder haben einen Sechser vorne.

In Niederösterreich wurde die 70er-Marke 2013 gerade noch gehalten, 2018 fiel die Beteiligung erstmals darunter. Das Interesse an den Wahlen ist - wie in den meisten anderen Bundesländern auch - über die Jahrzehnte beständig geringer geworden. In Niederösterreich gab es - außer heuer - seit 1959 nur einmal ein Plus, und zwar im Jahr 2008. Damals gab es allerdings noch zwei vorgezogene Wahltage und bereits die Briefwahl. Wegen deren Einführung wurden die Vorwahltage dann gestrichen.

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Eine Zunahme der Wahlbeteiligung wie jetzt in Niederösterreich gab es in der letzten Wahlrunde nur einem Bundesland - und zwar im September 2022 in Tirol. Dass zuvor teils starke Rückgänge verzeichnet wurden, war auch der Corona-Pandemie geschuldet. Sie brachte zudem einen Boom bei der Briefwahl. Auch in Niederösterreich wurde mit 146.309 Wahlkarten (das sind mehr als elf Prozent der Berechtigten) einer neuer Rekordwert (um 37.677 mehr als 2018) erreicht - und das obwohl die Zweitwohnsitzer (von denen viele die Briefwahl nützten) heuer nicht mehr wahlberechtigt waren.

Trotz dem recht hohen Briefwahlanteil ist das am Sonntag verkündete Wahlergebnis schon ein beinahe komplettes: Denn in Niederösterreich wird die Briefwahl schon am Sonntag mitgezählt. Es fehlen nur noch die in fremden Wahlkreisen abgegebenen Wahlkarten. Das dürften aber nicht allzu viele sein (2018 waren es rund 760), sie werden spätestens am Dienstag ausgezählt. "Amtlich" wird das Endergebnis am 6. Februar, mit der Sitzung der Landeswahlbehörde.

ÖVP verliert 72.000 Stimmen an die FPÖ

Die ÖVP hat bei der niederösterreichischen Landtagswahl mit 72.000 Stimmen am stärksten an die FPÖ verloren. Mit 36.000 Stimmen verlor die ÖVP am zweitstärksten an jene "Zweitwohnsitzer", die aufgrund der Wahlrechtsänderung bei dieser Wahl nicht mehr wahlberechtigt waren. Die FPÖ gewann sowohl von ÖVP, SPÖ als auch den ehemaligen Nichtwählern. Am stärksten konnten letztere aber von der ÖVP überzeugt werden. Das geht aus der SORA-Wählerstromanalyse im Auftrag des ORF hervor.

Bei dieser Analyse werden die Wählerwanderungen ausgehend von der Landtagswahl 2018 beleuchtet. Demnach konnte die ÖVP 65 Prozent ihrer Wähler von 2018 wieder überzeugen. Neben den 72.000 an die FPÖ verlor sie 15.000 Stimmen an die NEOS, 13.000 an die Grünen, 9.000 an die SPÖ und 10.000 gingen an die Nichtwähler verloren.

Die FPÖ konnte 68 Prozent ihrer Wähler der letzten Wahl erneut mobilisieren und holte sich neben vielen Stimmen der ÖVP auch 29.000 von der SPÖ. 23.000 FPÖ-Wähler:innen von 2023 waren 2018 nicht zur Wahl gegangen. Kleine Verluste erleidet sie an die SPÖ (14.000), ÖVP (11.000) sowie die Nichtwähler (13.000).

Ähnlich hoch war die Mobilisierungskraft der Sozialdemokraten mit 69 Prozent. Sie verloren neben der FPÖ auch Stimmen an Grüne und NEOS, wenn mit jeweils 6.000 auch deutlich weniger als an die FPÖ. 14.000 SPÖ-Wähler von 2018 sind diesmal nicht zur Wahl gegangen.

Deutlich weniger "Stammwähler" scheinen die niederösterreichischen Grünen und NEOS zu haben. Erstere mobilisierten 55 Prozent der Wähler aus 2018, zweitere nur 46 Prozent. Beide gewannen Stimmen vor allem von der ÖVP, die Grünen 13.000, die NEOS 15.000.

Die Änderung des Wahlrechts, wonach Zweitwohnsitzer heuer erstmals nicht mehr wahlberechtigt waren, schadete vor allem der ÖVP. 36.000 jener 97.000 heuer nicht mehr Wahlberechtigten wählten 2018 die ÖVP, 47.000 davon waren 2018 Nichtwähler. Am stärksten mobilisiert werden konnten die Nichtwähler von 2018 heuer von der ÖVP (36.000) und den Freiheitlichen (23.000).