Commerzialbank: Prozess wegen Bewohner-Liste

Im Zuge der Polizeiermittlungen gegen die Commerzialbank tauchten Ungereimtheiten auf, die nun für einen Ex-Mitarbeiter der Pleite-Bank und einen Gemeindemitarbeiter ein gerichtliches Nachspiel hatten.
2016 hatte der Gemeindemitarbeiter nämlich für einen ihm bekannten Angestellten der Commerzialbank eine Liste aller Gemeindebürger erstellt.
Dafür musste er eine Abfrage im Melderegister durchführen. Dies ist Gemeindebediensteten aber nur gestattet, wenn dafür ein dienstlicher Grund vorliegt.
Vorige Woche standen beide an der „Listen-Affäre“ Beteiligten wegen des Vorwurfs des Missbrauchs der Amtsgewalt vor Gericht.
Bank-Chef Pucher sprach über Kundengewinnung
Commerzialbank-Chef Martin Pucher habe, so der angeklagte Ex-Mitarbeiter der Pleite-Bank, bei Filialleitersitzungen über das Thema „Kundengewinnung“ gesprochen.
„Das war für ihn an oberster Stelle: Die Bank muss mehr wachsen“, berichtete der Angeklagte.
„Er trug uns auf, Listen von den Hauptwohnsitzgemeldeten zu organisieren.“ Dazu solle man, habe Pucher empfohlen, die Gemeindeämter kontaktieren.
Und das habe er „einfach gemacht“, so der angeklagte Bankenmitarbeiter.
„Ich dachte mir, ehrlich gesagt, nicht viel dabei“, erinnerte sich der Gemeindemitarbeiter, der im Jahr 2016 den Wunsch des Bankangestellten erfüllt hat.
Gemeindemitarbeiter erstellte Liste
Er habe es nicht einmal hinterfragt, wofür die Commerzialbank die Liste verwenden würde, und erstellte durch Abfrage aus dem Melderegister eine Liste mit allen Hauptwohnsitz-Gemeldeten, die neben Namen und Adressen weitere persönliche Daten enthielt.
„Wir kennen uns“, sagte der Gemeindemitarbeiter. „In kleinen Ortschaften ist das so.“
Wenn der Bankmitarbeiter die Liste verwendet habe, um „zehn Leute anzuschreiben“, dann sehe er darin auch „keine Tragik“, fügte der Gemeindemitarbeiter hinzu. Beschwert habe sich seines Wissens kein Bürger.
„Man will als Bürger nicht mit solchen Anfragen überschüttet werden“, ermahnte Richterin Doris Halper den Gemeindemitarbeiter und wies darauf hin, dass die Melderegister-Abfrage dienstlich nicht gerechtfertigt gewesen sei.
„Es war der Auftrag vom Chef“, entschuldigte sich der Bankmitarbeiter.
„Schulungsmäßig“, z. B. in Bezug auf den Datenschutz, sei man in der Commerzialbank-„Blase“ auf einem „schlechten Stand“ gewesen.
Aus heutiger Sicht: „Eine Schnapsidee!“
„Aus heutiger Sicht: Das war eine Schnapsidee von Herrn Pucher und ein Blödsinn, dass man es angefragt hat“, sprach der angeklagte Bankangestellte Klartext.
Die Kriminalpolizei war im Zusammenhang mit Untersuchungen zur Causa Commerzialbank auf die Registerabfrage aufmerksam geworden.
„Es gab auch andere Gemeinden, wo das so gemacht wurde“, gab einer der ermittelnden Kriminalbeamten bekannt.
Angeblich ist bereits eine zweite Anklage gegen Beteiligte in einer anderen Gemeinde in Vorbereitung.
Bankmitarbeiter im Zweifel freigesprochen
Der Schöffensenat sprach den Bankbeamten vom Vorwurf der Bestimmung zum Amtsmissbrauch frei.
Dieser habe möglicher Weise nicht gewusst, dass der Gemeindemitarbeiter durch die Melderegisterabfrage seine Befugnisse missbrauchen würde.
Der Gemeindemitarbeiter erhielt eine Diversion: Er hätte wissen müssen, ob eine solche Abfrage korrekt ist.
Wenn er eine Geldbuße von 5000 Euro und 250 Euro Pauschalkosten bezahlt, wird das Strafverfahren gegen ihn eingestellt. Er zeigte sich damit einverstanden.