Lässt sich der Verkehr vor der Volksschule beruhigen?

Erstellt am 27. März 2023 | 10:00
Lesezeit: 7 Min
Volksschule Neudörfl
So verkehrsberuhigt wie hier auf dem Bild geht es vor Schulbeginn in der Kranawettgasse in der Regel nicht zu, berichten Eltern und Beoachter.
Foto: Street View
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Aktuell wird in Teilen der Neudörfler Bevölkerung – vor allem online – wieder heiß über ein Thema diskutiert, das laut Betroffenen und Beobachtern zufolge nicht erst seit gestern besteht, für das es aber offenbar schwierig ist, nachhaltige Lösungen zu finden: Es handelt sich um die Verkehrssituation im Bereich der Volksschule und der Kindergärten.

Eine Anrainerin fasst das Problem aus ihrer Sicht zusammen: „Zwischen sieben und halb acht Uhr morgens geht es dort zu wie in Wien auf der Südosttangente. Die Autos stauen sich, sie können weder vor noch zurück und teilweise fahren sie sogar auf dem Gehsteig, weil die Straße dort so eng ist.“ Die Anrainerin ist Mutter zweier Söhne. Ihre Kinder besuchen derzeit Bildungseinrichtungen außerhalb von Neudörfl und sind somit nicht direkt betroffen. Als ihr älterer Sohn allerdings noch in die Volksschule Neudörfl ging, erzählt sie, und mit dem Roller allein dorthin fuhr, weil „eine Begleitung von der Mama bis direkt vor die Schule in dem Alter schon uncool ist“, habe sie immer mit einem etwas mulmigen Gefühl ihrem Sohn hinterhergeblickt. „Natürlich hatte ich immer auch ein bisschen Angst und dachte mir, hoffentlich passiert ihm nichts.“ Das Problem, sagt sie, bestehe nämlich schon seit sicherlich fünfzehn Jahren, so lange wohnt sie schon in einer Nebengasse bei der Volksschule. Wenn nicht etwas unternommen wird, vermutet sie, würde das Problem nur noch größer werden. „Man sieht ja, dass Neudörfl floriert und immer mehr Menschen, auch mit Kindern, zuziehen.“ Außerdem werde nun auch im selben Areal die neue Kinderkrippe errichtet, was ihrer Ansicht nach nicht zur Entspannung der Verkehrssituation beitragen dürfte.

Dass es aber gar nicht so einfach ist, nachdem das Problem erkannt und beschrieben wurde, auch eine passende Lösung zu finden, das gesteht auch die Anrainerin ein. Sie meint, dass Verantwortung und Zuständigkeit auf mehreren Ebenen ausgemacht werden können und müssen. Zum einen sollte sich die Gemeinde dazu äußern, ob es Lösungsansätze gäbe und wie diese aussehen könnten. Zum anderen sieht nicht nur die Anrainerin, sondern auch andere, die darüber diskutiert haben, auch die Eltern in der Pflicht. Sei es tatsächlich notwendig, wird gefragt, die Kinder mit dem Auto bis direkt vor die Schule zu bringen. Könne man die Schulkinder nicht zum Beispiel auch an anderen Stellen aussteigen lassen und sie ein paar Meter zu Fuß laufen lassen? Dafür müsse man freilich um fünf bis zehn Minuten früher von zu Hause wegfahren. Andere schlagen auch vor, dass die Polizei stärker kontrollieren sollte. Die Frage sei aber, ob sporadische Kontrollen das Problem nachhaltig lösen würden.

Problembewusstsein ist vorhanden

Bürgermeister Dieter Posch sagt, ja, ein Problembewusstsein bestehe natürlich: „Die Situation ist dort so wie sie ist, seit ich Bürgermeister bin – und auch schon davor.“ Jedes Jahr würde es neue Versuche geben, eine Entspannung herbeizuführen. „Es gibt immer wieder Initiativen und Vorschläge vom Kuratorium für Verkehrssicherheit. Es gibt Initiativen vom Elternverein. Es gibt Projekte wie die blühenden Straßen und alles Mögliche.“ In Wahrheit, sagt Posch, der nicht unbedingt für seine strenge Law-and-Order-Politik bekannt ist, gehe es wahrscheinlich nur mit konsequenten Polizeikontrollen.

Blühende Straße
Der Straßenraum ist nicht nur Verkehrsfläche für Autos,sondern auch Schulweg für unsere Kinder. Darauf machen die blühenden Straßen aufmerksam, ein Projekt der Volksschule.
Foto: zVg

Oberstleutnant Thomas Fasching von der Bezirkspolizeikommando Mattersburg sagt, dass die Polizei selbstverständlich auch für Schulwegsicherung direkt vor Bildungseinrichtungen verantwortlich sei und dass sichergestellt werden müsse, dass Kinder ungefährdet zur Schule und wieder nach Hause gelangen. Er versichert deshalb, „dass die Kolleginnen und Kollegen der Polizeiinspektion Neudörfl im genannten Bereich noch stärker kontrollieren werden, um die Verkehrssituation zu verbessern und der geschilderten Problematik entgegenzuwirken.“ Fasching fügt jedoch auch hinzu, dass eine Besserung der Situation nur durch das Mitwirken der Bevölkerung erzielt werden kann und appelliert dabei an die Eltern, „ihre Kinder nicht mit dem Auto direkt vor die Schule zu verbringen, sondern diese in einem gesicherten Bereich etwas abseits des Schuleinganges aussteigen zu lassen.“

„Die Kolleginnen und Kollegen der Polizeiinspektion Neudörfl werden im genannten Bereich noch stärker kontrollieren, um die Verkehrssituation zu verbessern und der geschilderten Problematik entgegenzuwirken Thomas Fasching (Oberstleutnant beim Bezirkspolizeikommando Mattersburg)

In der Diskussionen unter den Neudörflern wurde zum Beispiel der Sportplatz mit den Parkmöglichkeiten dort als ein solcher Bereich angesprochen. Dann bräuchte es allerdings auch einen Zebrastreifen, damit die Kinder sicher die Pöttschingerstraße queren können, wird ergänzt. Einen solchen hätte es schon vor Jahren einmal gegeben, erinnert sich der Bürgermeister: „Man hat aber beobachtet, dass dort nie jemand drüber gegangen ist. Es hat sich dann auch niemand aufgeregt, als er wieder weg war. Ich bin aber der letzte, der sagt, nur weil etwas einmal nicht funktioniert hat, könne man es nicht noch einmal versuchen.“ Die Pöttschingerstraße ist allerdings eine Landesstraße. Ein Zebrastreifen könne deshalb nicht von der Gemeinde selbstständig angeordnet werden. Außerdem verweist Posch auf Statistiken, denen zufolge es gerade auf Schutzwegen die meisten Unfälle mit Personenschaden gibt, „weil sich die Leute beim Überqueren der Straße zu sicher fühlen.“

„Neue Kinderkrippe wird die Situation nicht verschärfen“

Den Einwand, dass durch die neu zu bauende Kinderkrippe noch mehr Verkehr angezogen wird, will der Bürgermeister nicht gelten lassen. Die neue Kinderkrippe würde in Zukunft nur die zwei bereits bestehenden Kinderkrippenstandorte – die Volksschule und das sogenannte Pfeifferhaus – unter einem Dach vereinen. Beide Standorte, auch das Pfeifferhaus, befinden sich allerdings im selben – weitläufigen – Areal, von dem die ganze Zeit gesprochen wird. „Wenn wir die Kinderkrippe woanders hinbauen würden, würden wir die Eltern mit zwei oder mehreren Kindern, die zum Beispiel jetzt schon ihre Kinder zu Fuß in den Kindergarten oder die Kinderkrippe bringen, fast ins Auto nötigen“, glaubt Posch. „Wenn man ein Kind zuerst in den Kindergarten bringen muss und dann noch ein anderes in die Kinderkrippe am anderen Ende des Ortes, dann überlegt man es sich wahrscheinlich zweimal, ob es nicht besser wäre, diese Wege mit dem Auto zu fahren.“

Beim Vorschlag einer Fahrverbotszone direkt vor der Volksschule sieht der Bürgermeister ebenfalls einen Haken. „Dann verlagert sich die Situation lediglich um einhundert Meter weiter nach rechts und links und in die anderen Gassen hinein. Damit hat man das Problem nicht gelöst, sondern nur verschoben“, meint er.

Pedibus
Ein sogenannter "Pedibus" macht sich auf den Weg in die Schule.
Foto: Keystone

Auch Elterntaxis oder „Pedi-Busse“ könnten Teil einer Lösung sein. Darunter versteht man Gemeinschaften, bei denen Kinder, die in der selben Gegend wohnen, zu Fuß in Begleitung eines Erwachsenen zum Kindergarten oder in die Schule gebracht werden. Grün-Gemeindevorständin Sabine Schügerl hat sich unmittelbar vor der Corona-Pandemie dafür stark gemacht. Der Elternverein der Volksschule will dieses Thema ebenfalls wieder aufgreifen und findet dabei auch Unterstützung von Volksschuldirektor Martin Pöttschacher. „Wenn wir Erwachsene finden, die sich dafür bereit erklären, wäre das natürlich eine tolle Idee. Realistischerweise wird man allerdings feststellen müssen, dass Freiwillige zu finden schwierig sein wird“, meint Posch, der sich aber gerne vom Gegenteil überzeugen lässt. Für April hat der Elternverein zusätzlich eine kleine Aktion geplant, um die Problematik des Ganzen noch einmal stärker ins Bewusstsein aller, vor allem aber der Autofahrer, zu rücken. Details sollen noch bekannt gegeben werden, sagt Obfrau Sandra Hecher, die bei ihrem Antritt im Amt die Verbesserung der Verkehrssituation für die Kinder als eines ihrer großen Anliegen genannt hat.

Es ist jedes Jahr aufs Neue einen Versuch wert, Lösungen zu finden" Bürgermeister Dieter Posch

Auch wenn nun viel darüber gesprochen wurde, was aus welchen Gründen vielleicht nicht funktionieren wird, einfach beiseite schieben will Bügermeister Posch die ganze Sache auch nicht: „Es kommen jedes Jahr neue Kinder in unsere Bildungseinrichtungen, zum Teil gibt es dehalb auch neuen Eltern, die zum ersten Mal damit konfrontiert werden. Es ist deshalb jedes Jahr aufs Neue einen Versuch wert, Lösungen zu finden.“

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