Neue Pläne: Café Wycisk zieht um

Das „e“, das hinter den vom Boden bis fast bis zur Dachrinne hochreichenden vier Fenstern in Gedanken das Wort Café vollenden sollte, fehlt in der Obere Hauptstraße 3 und so ist dort nur ein „Caf“ zu lesen. Schwere, weiße Vorhänge verdecken die Sicht in das Innere. Rechts daneben sind zwei Kreidetafeln angebracht, auf denen in vergangenen Tagen Aktionen angekündigt wurden. Jetzt steht dort: „Alles Gute Gerlinde. Deine Buben“.
Schon seit etwa zehn Jahren wird im Dorf darüber spekuliert, was mit dem 1958 von Josef Schwacha erbauten und zunächst von dessen Familie betriebenen Wirtshaus passieren wird, das seit 1974 von der Familie Giefing als Pächter übernommen wurde und anfänglich von Anna und Erich Giefing, seit 1992 von Tochter Gerlinde Wycisk und seit ihrer Pensionierung von ihrer Schwägerin Sabine Giefing geführt wird.
„2016 wurde ein neuer Kaufvertrag unterzeichnet und der neue Eigentümer Johann Werfring wird das Gebäude nun aufgrund der in die Jahre gekommenen baulichen Zustände abtragen und es wird eine völlig neue Anlage an dessen Platz errichten“, berichtet Gerlinde Wycisk, die selbst auch noch gelegentlich hinter dem Tresen stand und mithalf.
Fünfzehn Wohneinheiten entstehen
Seine Pforten zum letzten Mal schließen wird das Wirtshaus voraussichtlich im September. An dessen Standort, erweitert um die angrenzende alte Tankstelle und einem Sparmarkt, wird die Oberwarter Siedlungsgenossenschaft ab Frühling nächsten Jahres etwa fünfzehn Wohneinheiten errichten, gibt Bürgermeister Andreas Gradwohl bekannt. „Es wird sich zum größten Teil um Wohnungen für die ältere Generation handeln, aber auch um Starterwohnungen.“ Gleichzeitig ist die Gemeinde auf der Suche nach Fachärzten und auch eine Trafik und ein Rechtsanwalt werden dort ihren Platz finden.
Das Kaffeehaus entwickelte sich über die Jahre hinweg zu einem Lokal mit Kultstatus, erzählt Wycisk, das weit über die Grenzen Sieggrabens hinaus bekannt war. „Hier hat man gelacht, sich glänzend unterhalten, verliebt und das eine oder andere Mal gab es eine Rauferei.“ Dass das Gefühlskarussell mit all diesen emotional aufbrausenden Erlebnissen in dem unscheinbaren Gebäude ständig seine Runden drehte, mag auch daran gelegen sein, dass entgegen der Erwartung, dort seien nur ältere Herrschaften ein und aus gegangen, auch viele junge Menschen das Lokal aufsuchten.
Neuer Standort in ehemaligem Gasthaus
„Die Jugend ist bei uns groß geworden, sie fanden hier eine Heimat und Halt. “ Woran es gelegen hat, dass sich auch junge Wirtshausgäste vermehrt im Café Wycisk eingefunden haben, kann die pensionierte Wirtin sich nicht genau erklären, es gab jedenfalls keine Diskothek oder sonstige maßgeschneiderte Angebote für das junge Volk: „Es hatte möglicherweise mit uns zu tun, ich weiß es nicht.“
Das Café Wycisk wird es weiterhin geben. Es zieht etwa 100 Meter weiter in ein ehemaliges Gasthaus („da Gmischte“). Eine solche Lösung war Bürgermeister Gradwohl auch wichtig: „Sie müssen nicht zusperren, weil wir dort etwas Neues errichten wollen, sondern wir haben sicher gestellt, dass das Gasthaus weiter geführt werden kann.“