Weinlese: Was der Jahrgang 2020 bringen wird

Erstellt am 24. September 2020 | 03:45
Lesezeit: 4 Min
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Die Lese in den Weingärten des Bezirks startete Mitte September, witterungsbedingt heuer etwa zwei Wochen später als im Vorjahr.
Foto: Zinniel
Fruchtig, elegant, sortentypisch. Das sind Schlagworte, mit denen die Jungwinzer aus dem Bezirk Neusiedl den neuen Wein beschreiben.
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Geschäftiges Treiben in den Weingärten, zahlreiche Traktoren mit gut gefüllten Anhängern auf den Straßen, Treberngeruch in den Kellergassen: Die Weinlese im Bezirk ist derzeit voll im Gange und lässt Weinliebhaber neugierig werden: Was hat der heurige Jahrgang wohl zu bieten? Die BVZ hat sich bei der jungen Winzergarde im Bezirk umgehört. Vorweg sei schon einmal verraten: Die Traubenqualität lässt sortentypische und sehr elegante Weine erwarten.

Ein kühlerer Winter und ein ungewöhnlich feuchter Juli sind im Neusiedler Bezirk für einen späteren Erntestart als in den vergangenen Jahren verantwortlich. Das freut nicht nur die Erntehelfer, die nicht in der Augusthitze lesen müssen, sondern es freut auch die Trauben. Sie profitieren von einer längeren Vegetationsperiode und Reifephase: „Das macht meiner Meinung nach den Jahrgang 2020 aus“, sagt Tobias Zinniel.

Der 24-jährige Mönchhofer ist Jungwinzer und Kellermeister. Seit Generationen wird in seiner Familie Weinbau als Nebenerwerb betrieben. Nachdem er mehrere Jahre Erfahrung gesammelt hatte, begann Tobias Zinniel im Jahr 2015, seinen ersten eigenen Wein zu vinifizieren. Mit der Erntemenge ist der Mönchhofer heuer durchaus zufrieden.

Einzig ein Hagelereignis trübt die Erntebilanz im Weingut: „Leider hat der Hagel heuer unsere Toplagen erwischt. Gott sei Dank haben wir aber nur geringe Ausfälle, da der Hagel sehr früh fiel und die Trauben dadurch nur minimal beschädigt wurden. Wir rechnen mit fünf bis zehn Prozent Ausfall.“ Die Menge liege bei den meisten Sorten im guten Durchschnitt, aber bei manchen Sorten auch darüber. Die Qualität sei erstaunlicherweise gut für dieses sehr durchwachsene Jahr, „der Wein könnte heuer sehr gut werden“.

„Spitzenmäßiges“ Jahr für Christian Friedrich

Für den Weidener Winzer Christian Friedrich ist heuer sogar ein „spitzenmäßiges Jahr“, was die Traubenqualität betrifft. Durch die spätere Ernte profitieren die Beeren von der größeren Anzahl an Sonnenstunden: „Damit sind die Trauben von Haus aus fruchtiger, das Ergebnis sind sehr sortentypische Weine“, erklärt der 28-Jährige.

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Ein Blick in die Klosterneuburger Mostwaage sagt Christian Friedrich, wann der richtige Lesezeitpunkt gekommen ist. Der 28-jährige Weidener ist heuer mit der Traubenqualität mehr als zufrieden.
Foto: Böhm-Ritter

Die Trauben hätten heuer mehr Zeit für die Reife bekommen, der Weingarten somit weniger Stress. Das sei gut für die Qualität. Für die ältere Generation des Familienbetriebes sei heuer ein „klassisches Jahr“ gewesen, so der Jungwinzer, der mit Vater und Großvater zusammenarbeitet. Auf die Frage, wie denn das generationenübergreifende Arbeiten funktioniere, lacht Friedrich: „Mittlerweile hat sich mein Opa damit abgefunden, dass wir Trauben im Grünstadium wegschneiden, damit mehr Energie in die restlichen Trauben fließt. Gewöhnt hat er sich daran aber nicht.“ Dass das Zusammenspiel zwischen Alt und Jung aber doch ganz gut funktioniert, spiegelt sich in einer speziellen Weinlinie des Weidener Weinguts nieder. Im „LEBENS.WERK“ werden unter anderem Trauben zu Wein verarbeitet, die von 50 Jahre alten Weinstöcken stammen. Eine sorgfältige Arbeit im Weingarten sei für den Jahrgang 2020 aufgrund der feuchteren Wetterverhältnisse besonders wichtig gewesen. „Um Pilze zu verhindern“, erklärt Christian Friedrich, der im Weingut auf viel Handarbeit setzt. Der Selektion der Lesemaschinen vertraut er derzeit noch nicht. Dennoch zeigt sich die Familie für Innovationen offen.

Die vorhandene Photovoltaikanlage wurde dieses Jahr erweitert. Strom für die Kühlanlage kommt nun von der Sonne.

Die Weingärten in Neusiedl am See wurden von den Wetterkapriolen des heurigen Jahres weniger hart getroffen als in anderen Ortschaften.

Im Gespräch mit der BVZ bezeichnet Jungwinzer Christian Haider die Hagelschäden als „nicht gravierend“. Die Ernte sei bisher sehr gut verlaufen - sowohl in puncto Qualität als auch Quantität.

Keine großen Hagel-Schäden in Neusiedl

„Weil das Frühjahr sehr trocken war, haben sich nicht so viele Beeren gebildet. Durch den vielen Niederschlag im Juli sind die Beeren dafür aber sehr saftig geworden“, berichtet der Neusiedler Weinbauer.

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Zufrieden. Der Neusiedler Winzer Christian Haider stellt einen „frischen, fruchtigen“ Weißweinjahrgang 2020 in Aussicht. Die Rotweine beschreibt er als elegant und weniger alkohollastig.
Foto: Steve Haider

Nach seiner Einschätzung zu den besonderen Charakteristiken des Jahrgangs 2020 gefragt, gibt Haider eine vielversprechende Vorschau: „Dadurch dass es insgesamt nicht so heiß war, und es in den Nächten schön abgekühlt hat, wird es bei den Weißweinen ein sehr fruchtiger, frischer Jahrgang werden. Bei den Rotweinen erwarte ich mir einen sehr eleganten, süffigen Jahrgang mit Weinen, die weniger alkohollastig sind.“

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