Denkmalschutz: "Architektonischer Zeitgeist der 70er"

Erstellt am 03. Dezember 2020 | 05:13
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Die Architektur des Neusiedler Hallenbades dokumentiert in einzigartiger Qualität den „architektonischen Zeitgeist der 1970er Jahre“. Darin sind sich Bundesdenkmalamt und Bundesverfassungsgericht einig.
Foto: Rinnhofer
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Das Bundesverwaltungsgericht fällt ein Urteil, mit dem ein Denkmalschutz für das Neusiedler Hallenbad fixiert ist.

Momentan sind die Schwimmbecken im Neusiedler Hallenbad staubtrocken. Es ist kalt und ungewohnt leise im Gebäude. Seit der Schließung im März wegen baulicher Mängel ist es in der Halle ruhig geworden. Kein freudiges Kindergeschrei oder Wasserplatschen ist zu hören. Lediglich die Pflanzen bringen einen Hauch Leben in die Halle, wachsen weiter und überwuchern sogar den Stiegenaufgang.

Es wird wohl noch einige Jahre dauern, bis sich wieder lebendigere Szenen im Neusiedler Hallenbad abspielen. Ein Schritt dahin ist aber am Freitag mit dem Urteilsspruch des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) passiert. Nach wiederholter Verschiebung des Verhandlungstermins (wegen Corona-Quarantäne des Richters und wegen des Terroranschlags in Wien) bestätigt das Gericht nun den Bescheid des Bundesdenkmalamtes, das das 1977 eröffnete Neusiedler Hallenbad als schützenswert befand.

Der Bescheid wurde vom Bundesdenkmalamt bereits am 7. Juni 2019 ausgestellt und von der Freizeitbetriebe GmbH und der Stadtgemeinde Neusiedl am See mit einer Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht angefochten.

Erstmals Bad im Stil des Brutalismus geschützt

Die Neusiedler Beschwerde wurde allerdings mit folgender Begründung abgeschmettert: Es stehe fest, dass dem Objekt jedenfalls eine künstlerische Bedeutung zukomme. Die Architekten Stelzer und Hutter generierten unter Beachtung der Raumflüsse, der Lichtführung und der Materialechtheit eine eindrucksvolle Atmosphäre. Das Objekt dokumentiere den Baustil des Brutalismus, für den Material und Konstruktion im Sinne einer „direkten“ Architektur gleichbedeutend seien. Mit diesem Urteilsspruch ist das Neusiedler Hallenbad das erste im Stil des Brutalismus erbaute Bad Österreichs, das unter Denkmalschutz steht.

Gewünscht hat sich die Stadtgemeinde das nicht. Auflagen des Bundesdenkmalamts würden die Sanierungskosten des Bades erhöhen, so die Befürchtung. Trotzdem ist man erleichtert, dass nun ein Urteil gesprochen ist, auch wenn die Beschwerde der Stadtgemeinde abgelehnt wurde. Denn nun, da der „Status“ des Hallenbades endlich feststeht, soll am Sanierungs- und Finanzierungsplan der 43 Jahre alten Sportstätte weitergearbeitet werden.

Ein Grobkonzept liege bereits seit Längerem vor und sei vor einem Jahr noch einmal überarbeitet worden, heißt es aus der Freizeitbetriebe GmbH. Darauf könne auch aufgebaut werden, bestätigt Bürgermeisterin Elisabeth Böhm (SPÖ) auf BVZ-Anfrage. Geht es nach dem Wunsch der Stadtchefin, soll es gemeinsam mit dem Land Burgenland überarbeitet werden. Die Finanzierung der Erhaltung und Sanierung könne die Stadt nämlich nicht alleine übernehmen: „Mit dem Land Burgenland gibt es schon seit längerem Gespräche“, sagt Böhm. Sie sei zuversichtlich, dass eine gemeinsame Lösung für den Erhalt des Bades gefunden werde.

Finanzieller Beitrag vom Bund erwartet

In die gleiche Kerbe schlägt Sportlandesrat Heinrich Dorner. Er wolle die Gespräche mit der Gemeinde Neusiedl rasch intensivieren und gemeinsam nach einer Lösung suchen, die wirtschaftlich vertretbar sei, lässt er in einer Aussendung wissen. „Klar ist: Das Hallenbad Neusiedl wird auch in Zukunft weiter bestehen. Es gibt das eindeutige Bekenntnis seitens des Landes im Regierungsprogramm, dass alle drei burgenländischen Hallenbäder erhalten bleiben – also auch das Hallenbad in Neusiedl.“

Dorner erwartet sich auch einen Beitrag durch den Bund für die Erhaltung des denkmalgeschützten Gebäudes. Eine finanzielle Unterstützung aus Mitteln des Bundesdenkmalamtes sei nur logisch.

Die Finanzierung der Sanierung und der Erhaltung ist jedenfalls der größte Stolperstein, der am Weg zu einer Wiedereröffnung liegt. Rund sieben Millionen Euro müssen laut Schätzung für die Sanierung aufgebracht werden, dazu kommen die jährlichen Kosten für den Betrieb und die Erhaltung des Bades.

Noch unter dem ehemaligen Bürgermeister Kurt Lentsch (ÖVP) gab es erste Anläufe, auch die Gemeinden des Bezirks für eine gemeinsame Finanzierung der Erhaltung des Bades ins Boot zu holen. Einen neuerlichen Versuch in diese Richtung könnte es nun auch wieder geben. Ausschließen will die Bürgermeisterin im BVZ-Interview diese Möglichkeit nicht.

Bezirksbäder als Vorbild für dieses Modell gibt es in Österreich jedenfalls - etwa das im Jänner nach einer Rundumerneuerung wieder eröffnete Regionalbad Gänserndorf. 30 Gemeinden beteiligen sich hier 20 Jahre lang mit einem Euro pro Einwohner und Jahr.

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