Einkaufen am Sonntag will gelernt sein. Über einen vierten Adventsonntag als Einkaufstag mit gemischten Gefühlen und unterschiedlichem Erfolg. Stimmen aus dem Bezirk Neusiedl.
Von der Jahrhundertwende bis 1960 war es in Österreich üblich, dass am letzten Sonntag vor Weihnachten die Geschäfte öffnen durften. Aufgrund der guten Geschäfte, die man damals an diesem Tag im Handel machte, sprach man vom „Goldenen Sonntag“. So einen sollte es nun, aufgrund des vorangegangenen Lockdowns ausnahmsweise, wieder geben.
Wie wurde nun die einmalige Gelegenheit zum Shopping am Sonntag genutzt? Die BVZ hat Stimmen aus dem Bezirk eingeholt.
„Die Leute sind es einfach nicht gewohnt, am Sonntag einzukaufen. christoph Gstettner Gstettner Mens Fashion Herrenmodengeschäft
Hannes Mosonyi, Spartenvertreter für Handel in der Wirtschaftskammer, spricht von einem „bestenfalls mit Blattgold vergoldeten Sonntag“: „Der Einkaufssonntag war wichtig und gut und hat geholfen. Er hat aber bei weitem nicht ersetzt, was durch den Lockdown verloren gegangen war“, erklärt der Wallerner im BVZ-Interview. Im Burgenland haben bei weitem nicht alle Geschäfte am Sonntag aufgesperrt. „Je nach Kosten-Nutzen-Rechnung für den Betrieb. Schließlich fallen für den Sonntag doppelte Kosten und ein zusätzlicher freier Tag für das Personal an“, begründet Mosonyi. Jene Kunden, die den Sonntag für einen Weihnachtseinkauf nutzten, suchten gezielt nach Produkten und waren enorm kaufbereit. Bummeln stand dagegen weniger am Tagesprogramm.
Vom zusätzlichen Einkaufstag profitiert haben laut Mosonyi vor allem Innenstädte und große Einkaufszentren, wie etwa jene in Parndorf.
Das bestätigt auch Mario Schwann, General Manager im McArthur Glen Designer Outlet in Parndorf. Das Center sei stark frequentiert gewesen, die meisten Gäste seien aus dem Burgenland sowie aus Wien und Niederösterreich gekommen, aber auch einige Kunden aus Ungarn und der Slowakei hätten den zusätzlichen Einkaufstag genutzt.
Ein buchstäblich Goldener Sonntag war der 19. Dezember auch für das Juweliergeschäft Pinter in Neusiedl am See. Es sei ein sehr guter Tag gewesen, freut sich Irene Pinter: „Es waren den ganzen Tag über Kunden im Geschäft. Die Leute waren froh, dass sie hier kaufen können und nicht wegfahren müssen.“ Es sei eine besonders entspannte Einkaufsstimmung gewesen, schildert die Chefin. Pinter ist insgesamt sehr zufrieden mit dem Weihnachtsgeschäft, auch wenn der Lockdown die Bilanz etwas trübt. „Ob wir den Verlust noch aufholen können, weiß ich nicht. Aber wer weiß, es sind ja noch ein paar Tage bis Weihnachten“, zeigt sie sich am Dienstag zuversichtlich.
Modebranche fehlen die Events
Als „durchwachsen“ beschreibt hingegen Christoph Gstettner das vorweihnachtliche Geschäft. Nach dem Lockdown sei das Geschäft gut angelaufen, den Einkaufssonntag haben seine Kunden aber nicht angenommen. Beide „Mens Fashion“-Filialen in Neusiedl am See waren am Sonntag geöffnet, die Kundenfrequenz lag allerdings unter den Erwartungen. Der Juniorchef hat auch eine Erklärung parat: „Die Leute sind es einfach nicht gewohnt, am Sonntag einzukaufen. Außerdem waren in der Stadt zu wenige Geschäfte offen.“
Aber nicht nur fehlende Einkaufstraditionen und Lockdowns trüben die Bilanz in der Kleidungsbranche. Schon im Vorjahr wiesen Branchenvertreter immer wieder auf fehlende Anlässe hin, für die sich Kunden sonst gerne neu einkleiden würden. Nun auch wieder Christoph Gstettner: „Wenn es keine Bälle gibt, dann merken wir das natürlich im Geschäft.“ Positiv anmerken möchte er aber die Stammkunden, die seinen Shops auch in schwierigen Zeiten einer Pandemie treu geblieben sind.
Nicht so stark wie ein 8. Dezember
Vom Babyspielzeug und Puppenhaus über Gesellschaftsspiele bis zu großen Lego-Sets und den beliebten Pokémon-Sammelkarten – in der Neusiedler Filiale von Spielwaren Heinz findet man alles, was ein Kinderherz zum Hüpfen bringt. Auch am Goldenen Sonntag. Dass hier geöffnet wurde, war vor allem ein Zugeständnis an Kundenwünsche und weniger begründet, um Umsatzeinbußen aus dem Lockdown aufzuholen. „Es war am Sonntag zwar durchgehend etwas los im Geschäft, aber nicht so stark wie normalerweise am 8. Dezember“, erklärt Geschäftsführerin Karin Peck. Kundenbetreuung wird hier besonders großgeschrieben, deshalb hat man auf Kundenwunsch auch geöffnet. Eine Ausnahme, „weil der Sonntag soll ein Familientag bleiben,“ betont Peck. Generell ist sie mit dem Geschäft zufrieden. „Click&Collect oder ein offener Sonntag können verlorene Umsätze aus einem Lockdown zwar nicht aufholen, aber auf das gesamte Jahr gesehen haben wir ein gutes Geschäft gemacht.“ Basis des Erfolges ist hier eine enge Bindung zu den Stammkunden.
Das Positive streicht auch Spartengeschäftsführer in der Wirtschaftskammer Burgenland Thomas Jestl heraus. Die Kauflaune sei im Burgenland in den Tagen gleich nach dem Lockdown groß gewesen: „Die Leute haben schon darauf gewartet, einkaufen gehen zu können. Die Burgenländer sind weitgehend loyal und wollen regional einkaufen.“ Dass aber ein nicht unerheblicher Anteil des Umsatzes – durch den Lockdown noch verstärkt – an den heimischen Betrieben vorbei in den Online-Handel fließt, kann auch er nicht abstreiten.