Infoabend in Gattendorf: „Es ist nicht fremd, es ist katholisch“

„Der Krieg kam, keiner wusste was, wo, wie und Österreich war schon da“, erinnert sich Pfarrer und Caritasdirektor Myroslav Rusyn des westukrainischen Gebiets Transkarpatien an die Ankunft der Sattelschlepper aus Gattendorf. Ein kurzer Rückblick: Am 24. Februar, als Russland die Ukraine überfiel, wachte Pfarrer Günther Kroiss vom Seelsorgeraum „An der Leitha“ auf, las die schreckliche Nachricht und stand bereits kurz darauf in Kontakt mit dem Caritasleiter der westlichsten Provinz der Ukraine, Myroslav Rusyn. Dieser berichtete von fünf Sattelschleppern, welche in Österreich sind und auf ihrem Weg zurück in die Ukraine leer wären. Innerhalb kürzester Zeit wurde eine riesige Spendensammlung vor dem Feuerwehrhaus in Gattendorf organisiert und die LKWs waren im Handumdrehen gefüllt.
Den gestrigen Informationsabend startete der Historiker Stefan Schinkovits mit einem historischen Umriss der Beziehung zwischen Österreich und der Ukraine in den letzten Jahrhunderten. Der Experte für osteuropäische Geschichte erzählte unter anderem vom ersten Soldaten, der bei unserer Befreiung 1945 auf österreichischem Boden sein Leben liess. Es war ein ukrainischer Soldat aus Charkiw.

Weiters hat die Habsburgerin Maria Theresia bis heute einen äußerst hohen Stellenwert in der Ukraine. Pfarrer Kroiss erzählt diesbezüglich mit einem Augenzwinkern: "Zuerst kommt Gott Vater, dann kommt Sohn, dann Maria Theresia, dann der Heilige Geist und dann erst die Gottesmutter." Die habsburgische Kaiserin ist sehr präsent in Uschworod, im Westen der Ukraine, wo sie auch vor der Kathedrale steht, um über diese zu wachen. Pfarrer Myroslav erklärt auch über Unterschiede: "Es ist nicht fremd, es ist katholisch." Die römisch-katholische und die griechisch-katholische Tradition trennen hauptsächlich Feinheiten, denn im Grunde sind die beiden eine "unierte" Kirche. So zum Beispiel sind die Messen des Pfarrer Myroslav länger und es wird mehr gesungen. Außerdem gibt es für griechisch-katholische Priester die Möglichkeit einer Ehe.
Hilfe für die Menschen vor Ort
Der ukrainische Pfarrer erklärte weiters, wie die zahlreichen Spenden auf vielfältigste Weise, Geflüchteten und Hilfsbedürftigen in der Ukraine halfen, und nach wie vor helfen. Aus gespendeten Waschmaschinen kam beispielsweise ein gemeinnütziger Waschsalon zustande. Dort kann sich, während man wäscht, über Probleme und Aktuelles ausgetauscht werden. Es entstand außerdem eine Einrichtung, die Nachmittagsbetreuung anbietet, um etwas Normalität für Kinder aufrecht zu erhalten. Dabei kommt es auch mal wegen Stromausfällen zu gemeinsamen Lernübungen bei Kerzenschein. Zusätzlich wurden und werden immer wieder Ausflüge in das Burgenland für ukrainische Kinder organisiert. So voraussichtlich auch für kommenden Sommer, wo ukrainische Kinder in der Schule Zurndorfs auf Besuch sein werden.
Diese, und viele weitere Projekte im großen und kleinen Rahmen konnten, dank der Hilfsbereitschaft der Österreicherinnen und Österreicher in Angriff genommen werden. Günther Kroiss legt offen, dass die Initiative "bis dato 122.000 Euro bekommen" hat. Diese kamen von Gemeinden und Privatpersonen. Knapp 30.000 Euro wurden dabei allein für die Transportkosten verwendet. Treibstoff war beispielsweise schwer und ausschließlich am Schwarzmarkt zu bekommen.