Ungarischer Polizist angeklagt: Bei Halbturn Schlepper geschlagen?

Erstellt am 23. Mai 2023 | 00:00
Lesezeit: 3 Min
Bei der Anhaltung eines Schleppers in Österreich soll ein ungarischer Polizist überreagiert haben.
Bei der Anhaltung eines Schleppers in Österreich soll ein ungarischer Polizist überreagiert haben.
Foto: Foto: BVZ/Kirchmeir, BVZ/Kirchmeir
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Am 20. Juli 2022 hatte sich ein Schlepper mit der ungarischen und der österreichischen Polizei und dem Bundesheer eine wilde Verfolgungsjagd geliefert. Als es den Beamten endlich gelang, den Schlepper bei Halbturn zu stellen, soll ein 52-jähriger ungarischer Polizist den Mann verletzt haben.

Wegen des Vorwurfs der Körperverletzung unter Ausübung seiner Amtsstellung muss sich nun der ungarische Polizist am Landesgericht Eisenstadt verantworten. Die Dashcam in seinem Dienstwagen hielt die entscheidenden Szenen fest.

Staatsanwältin Petra Bauer warf dem Angeklagten am Montag, 22. Mai, vor, er habe nach der Anhaltung den Schlepper mit dem Holster seiner Dienstwaffe geschlagen und getreten. Der Schlepper soll dabei eine Rissquetschwunde am Kopf erlitten haben.

„Ich wollte ihn nicht misshandeln und schlagen“, bekannte sich der Ungar nicht schuldig. Schläge und Tritte seien „passiert“, so der Angeklagte. „Mein Ziel war zu erwirken, dass er den Anweisungen folgt“, sagte er. Später erklärte er noch Folgendes: „Wir lernen das so, dass zwei Schläge und ein Tritt taktisch möglich und erlaubt sind.“

Schlepper musste von Sanitätern versorgt werden

Er gehe, so der Polizist, davon aus, dass seine Schläge und Tritte den Schlepper gar nicht erreichten. Dass der Mann verwundet worden war, habe er später gesehen, als dieser von Rettungssanitätern versorgt wurde.

Richterin Melanie Gschiel präsentierte daraufhin jenes Video, das von der Dashcam im Fahrzeug des ungarischen Polizisten aufgenommen worden war.

Wilde Verfolgungsjagd mit bis zu 120 km/h über Feldwege

Die im Gerichtssaal Anwesenden sahen die letzte Phase einer Verfolgungsjagd am 20. Juli 2022 kurz vor 6 Uhr morgens, die bereits in Ungarn begonnen hatte. Das Schlepperfahrzeug, ein PKW, raste mit bis zu 120 km/h über Feldwege dahin und bog dann in ein Feld ab. Kurz danach wurde das Fluchtauto von der Polizei und den Bundesheersoldaten gestoppt.

Das Video zeigte den ungarischen Polizisten, der aus dem Dienstwagen sprang, seine Dienstwaffe aus dem Holstergürtel zog, diesen auf die Motorhaube des Dienstwagens warf und mit der Waffe in der Hand zum Auto des Schleppers lief.

Der Schlepper wurde aus dem Auto gezerrt, auch die Flüchtlinge wurden zu Boden gebracht.

Szenen am Video zeigen Schlag- und Trittbewegungen

Das Video zeigte weiters Schlag- und Trittbewegungen des Angeklagten. Ganz eindeutig zu erkennen waren die Tathandlungen aber nicht.

Die Staatsanwältin modifizierte aufgrund der Szenen im Video ihre Anklage: Der Vorwuf lautete nunmehr, der Polizist habe den Schlepper nicht mit dem Holster, sondern mit der Waffe geschlagen.

Der Prozess wurde vertagt. Der Angeklagte hatte beantragt, dass sein Ausbildner bei der ungarischen Polizei befragt werden sollte. Dieser solle bezeugen, dass Schläge und Tritte gegen mutmaßliche Täter in Ungarn gerechtfertigt seien.

Die Richterin wies diesen Beweisantrag zurück, weil der Ausbildner bei dem Vorfall nicht dabei gewesen sei und die Beurteilung der Zulässigkeit von Schlägen und Tritten eine Rechtsfrage sei.

Die Staatsanwältin wiederum beantragte die Einvernahme der beteiligten österreichischen Polizeibeamten.

Der Schlepper, der am 20. Juli 2022 bei Halburn festgenommen worden war und Anzeige gegen den ungarischen Polizisten erstattet hatte, hat seine Haftstrafe bereits verbüßt und ist seit 20. März 2023 wieder auf freiem Fuß. Die Richterin ließ ihm eine Zeugenladung nach Serbien zustellen, aber der Mann war dieser nicht gefolgt.

Der Prozess wurde auf Juli vertagt.

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