Von Neusiedl nach Santiago de Compostela: Radelnd am Jakobsweg

Gepilgert wird seit Jahrtausenden. Pilgern heißt, sich selbst zu finden. Seinen ersten richtigen Boom erlebte das Pilgern im Mittelalter. Eines der bedeutendsten Ziele war schon damals Santiago de Compostela in Spanien. Und genau dorthin zog es auch Manfred Liszt aus Weiden am See und Josef „Pepi“ Kainz aus Gols. Die beiden machten sich gemeinsam von Neusiedl am See aus mit dem Fahrrad auf den Weg. 3.298 Kilometer legten sie auf ihrer Reise zurück, 23.070 Höhenmeter meisterten sie dabei innerhalb ihrer 35-tägigen Reise am Jakobsweg. Dabei schoben sie lediglich zwei Ruhetage ein. „Wir sind nicht auf Druck gefahren, man sollte Zeit und Geduld mitbringen. So kann man sich auch vieles anschauen“, erzählt Kainz. Der Weg ist schließlich das Ziel, wie eine alte Pilgerweisheit lautet.
Ein beeindruckendes Erlebnis war ihre Pilgerreise aber allemal. Den Pensionisten fällt es schwer, besondere Momente herauszustreichen, es waren so viele: Beginnend mit der wunderschönen Landschaft der Wachau, die tollen Städte Deutschlands, das „schönste Bergdorf in Frankreich“ Saint Enemie, die riesigen Kathedralen in jedem kleinen spanischen Ort und da wäre auch noch die ausgesprochene Gastfreundschaft in Frankreich.
Burgenländer vom Glück verfolgt
Von dieser waren die Radler aus dem Burgenland besonders überrascht, erfüllt sie doch nicht das Klischee, welches der Grande Nation oftmals aufgedrückt wird. Eine Episode aus Frankreich wird den beiden wohl ewig in Erinnerung bleiben: Nämlich als sie vergeblich nach einer Unterkunft suchten und von einem Ehepaar ins Privathaus eingeladen wurden. „Am nächsten Tag hat uns der Hausherr noch eine Jause mitgegeben“, erinnert sich Pepi.
Die vielen Bekanntschaften aus aller Welt werden die beiden wohl nicht vergessen. Sie kamen mit Pilgern aus Brasilien, Uruguay, Kanada, USA oder Großbritannien in Kontakt. „Ein paar Leute haben wir gleich öfters getroffen. Da denkt man schon: ‚Das gibt‘s ja gar ned‘.“
Und gab es auch schlechte Erfahrungen? „Eigentlich nicht. Wir hatten unglaubliches Glück mit dem Wetter und keinen einzigen ‚Patschen‘.“ Herausforderungen gab es allerdings so einige. Etwa als Nebel einfiel und beide im Kreis gefahren sind, als sie sich verloren haben oder in der Schweiz, als die Handykosten ins Unermessliche stiegen, weil die beiden das Navi außerhalb der EU weiter benutzten. „Ohne Navi den richtigen Weg zu finden, ist gar nicht so einfach“, erzählen die beiden unisono. Aber auch da blieb Manfred und Pepi das Glück hold. Ein Schweizer wurde auf die Pilger wegen ihres Raddresses mit Burgenland-Logo aufmerksam. „Er hat uns angesprochen und von seinem burgenländischen Vater erzählt und uns gleich den richtigen Weg gezeigt“, erzählt Josef Kainz von einem großen Zufall.
Kainz: „Manchmal wird man schon durchgebeutelt.“
Die körperlichen Anstrengungen nehmen in der Erzählung der Radpilger kaum Platz ein. „Ja, die vielen Schotterwege beuteln einen schon richtig durch, aber Muskelkater gab es während der Reise keinen.“ Die Wehwechen seien erst zu Hause aufgetaucht, berichten sie und geben Tipps für alle, die eine ähnliche Radtour planen: „Eine gute Federung, vor allem eine gefederte Sattelstütze ist das Um und Auf.“ Dazu sollte man ein gutes Navi und nur das allernötigste Gepäck mitnehmen. Mit 15 Kilogramm machten sich die beiden auf die Reise. Bereits in Krems ging das erste Paket zurück nach Hause. „Ich habe fünf Kilogramm heimgeschickt, weil ich gemerkt habe, ich brauche das alles nicht“, so Manfred Liszt.
Auf die Frage, ob es denn nie die Versuchung gab, einfach in den Zug einzusteigen, antworten die beiden prompt: „Kein einziges Mal, auch nicht, als uns jemand mit dem Jeep mitnehmen wollte.“ Und wie hat sich die Reise auf die Freundschaft ausgewirkt? Sie sei auf die Probe gestellt worden, gibt Josef Kainz zu. Aber sie hat die Probe bestanden.
All seine Eindrücke hat Josef Kainz übrigens in einem Buch festgehalten, das Fotomaterial stammt von Manfred Liszt. Es soll noch vor Weihnachten erscheinen.