Deutschkreutz: Doppelstrategie gegen Long-Covid

Erstellt am 25. Februar 2022 | 06:20
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Primar Christian Wiederer setzt bei der Behandlung von Long Covid auf zwei Schienen.
Foto: Klinikum am Kurpark
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Behandlung von Covid-Langzeitfolgen wie Erschöpfung wird mit orthopädischem Reha-Programm kombiniert.

Elisabeth Ernst, Weinbäuerin aus Deutschkreutz, war im November 2020 an Corona erkrankt. „Ich hatte keinen starken Husten oder dergleichen, ich dachte, die Krankheit gut überstanden zu haben. Aber plötzlich fühlte ich mich nur noch müde, abgeschlagen, hatte häufig Kopfschmerzen“, berichtet sie.

„Bei der Arbeit in der Landwirtschaft habe ich mir gedacht, was ist mit mir los, ich kriege keine Luft, der Rücken tut mir weh, Schulterprobleme hatte ich sowieso auch schon vor der Coronaerkrankung“, schildert die Winzerin weiter. Sie entschied sich für einen Reha-Aufenthalt im Klinikum am Kurpark in Baden. Dort behandelt sie das Team von Primar Christian Wiederer. Hier werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: einerseits wird die orthopädische Grunderkrankung behandelt, andererseits die Covid-Spätfolgen wie Müdigkeit und Konzentrationsschwierigkeiten.

Wiederer bringt die Behandlung so auf den Punkt: „Long-Covid tritt erst dann auf, wenn die Betroffenen glauben, dass die Krankheit bereits überstanden ist. Das kann Wochen oder Monate nach der Erkrankung sein. Vorrangig hat man sich in Österreich bei der Therapie von Covid-Spätfolgen auf das betroffene Organ, wie die Lunge bei Atemnot, konzentriert. Aber Covid schädigt viele Systeme. Es gibt Patienten, die überall Themen haben, wie Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen, Müdigkeit oder Schmerzen des Bewegungsapparates. Deshalb muss man auch den Patienten ganzheitlich betrachten und die Behandlung individuell darauf abstimmen“, sagt der Primar.

Die körperliche Leistungsfähigkeit wieder zu steigern, den Patienten zu lehren, mit Stress im Alltag entspannter umzugehen sowie das Gedächtnis zu stärken, seien genauso Ziele der neuen Behandlungsmethode wie die Stärkung des Bewegungsapparates. Elisabeth Ernst profitiert vor allem von den „Atemübungen und den Kraftübungen, die ich in meinem eigenen Tempo hier ausführen kann. Vor dem letzten Wochenende war ich in der Lage, das Tempo zu steigern“. Auch das Gehirntraining hilft ihr, die Leistung ihres Kurzzeitgedächtnisses wieder in Schwung zu bringen. Denn auch dieses habe unter der Corona-Erkrankung gelitten. „Bin ich zuhause in den Keller gegangen, habe ich mich dort angekommen oft gefragt, was ich eigentlich holen wollte. Das hat mit einer normalen Vergesslichkeit nichts mehr zu tun gehabt“, erzählt Ernst. Die eigentliche Herausforderung komme aber noch auf sie zu. „Wenn die Rehabilitationsbehandlungen abgeschlossen sind, und ich wieder nach Hause zurückkehre, dann hoffe ich, dass es mir auch gelingt, mehr Ruhephasen in meinen Alltag einzubauen.“

Dass das gerade eine Herausforderung sein kann, weiß auch Primar Christian Wiederer. „Man muss einen Weg für sich finden, die Achtsamkeit und die Aufmerksamkeit für sich in den normalen Arbeitsalltag mitzunehmen. Die beim Reha-Aufenthalt erlernten Entspannungsübungen können ein guter Weg dafür sein.“