Bis zu 20 Ehen als „nichtig“ erklärt

Erstellt am 29. April 2015 | 06:35
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Scheidung
Foto: NOEN, BilderBox Bildagentur GmbH (www.bilderbox.com)
„Nichtehe“: Gemeindeamt des Standesbeamten schickt Briefe an Ehepaare und fordert „Sanierung des Zustandes“.
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Rund zehn sollen es sein, sagt die zuständige Gemeinde. Von „bis zu 20“ geht die Gemeindeabteilung aus. Und wie viele vermeintliche Eheschließungen der vergangenen 14 Jahre tatsächlich von der „Nichtigkeit“ bedroht sind, wie es im Schreiben der Gemeinde heißt, weiß derzeit noch niemand – weil die Beamten derzeit nur bis 2001 ermitteln. Vorerst.

Der Standesbeamte ist aber bereits seit den frühen 80er Jahren in seiner Funktion tätig, wie viele Ehen schlussendlich gar keine sind, steht derzeit noch nicht fest.

Genehmigung für Ort oder Termin lag nicht vor

Aber der Reihe nach: Im Jänner wurde der Fall eines Standesbeamten aus der Region bekannt, der Brautpaaren zu hohe Gebühren verrechnet haben soll. Statt der gesetzlichen vorgeschriebenen Summe von rund 75 Euro nämlich gleich bis zu 400 Euro – allerdings mit dem „Zusatzservice“, Trauungen auch am Wochenende oder an eher ungewöhnlichen Orten durchzuführen (siehe „Im Gespräch“ unten).

Das dürfen Standesbeamte nämlich, allerdings nur dann, wenn der Ort und der Standesbeamte von der Gemeinde, wo die Trauung stattfindet, genehmigt wurden.



Diese Genehmigung lag im Fall des von der BVZ interviewten Pärchens nicht vor, deshalb musste die Gemeinde des Standesbeamten auf Anweisung der Gemeindeabteilung einen Brief schreiben und darin mitteilen, dass die „Eheschließung vor dem örtlich unzuständigen ‚Standesbeamten‘ rechtlich gesehen absolut nichtig (unwirksam) ist. Es handelt sich um eine sogenannte ‚Nichtehe‘. Eine Sanierung dieses Umstandes ist nur durch eine neuerliche Eheschließung möglich“.

Das heißt, dass das vor rund zwei Jahren getraute Paar nicht verheiratet ist – mit allen Konsequenzen, die das rechtlich mit sich bringt: angefangen vom gemeinsamen Namen, der Vaterschaft des Kindes über eine etwaige bestehende Mitversicherung bis hin zu bereits überschriebenen Häusern.

Rechtlich sind noch viele Fragen ungeklärt

Der Bürgermeister beschreibt die Folgen als „dramatisch“: „Ich muss das leider vollziehen, es tut mir für die Betroffenen sehr, sehr leid.“ Die Anweisung, die vermeintlichen Ehen zu „Nichtehen“ zu erklären, stützt sich auf eine Rechtsansicht des Innenministeriums. Jetzt hat sich aber auch das Justizministerium eingeschaltet – und will den Opfern, also den Brautpaaren, helfen: „Wir arbeiten an einer Lösung im Interesse der Verheirateten“, heißt es dazu aus der Gemeindeabteilung.

Die Korruptionsstaatsanwaltschaft vernimmt derzeit Brautpaare, die vom Standesbeamten getraut wurden – und geht dabei bis zu 14 Jahre zurück. Laut Auskunft der Staatsanwaltschaft Eisenstadt werden die Erhebungen wegen „Missbrauch der Amtsgewalt“ noch „einige Monate“ dauern.

Die Beamten konzentrieren sich hauptsächlich auf die Kosten der Trauung. Falls im Zuge der Ermittlungen weitere Fälle in der Vergangenheit auftauchen, könnten zahlreiche weitere Eheschließungen bis zurück in die 1980er Jahre von der Causa betroffen sein.

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