Hans Gartner: Der Gipfelsturm des Unterschätzten

Erstellt am 08. Februar 2023 | 05:26
Lesezeit: 3 Min
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Am Höhepunkt seiner Funktionärslaufbahn sieht sich Gartner erst, wenn er das schlingernde ÖFB-Schiff in ruhige Gewässer gelenkt hat.
Foto: Wallner
NÖ-Verbandschef Hans Gartner beerbt Gerhard Milletich nach dessen Rücktritt als ÖFB-Präsident. Die NÖN beantwortet die wichtigsten Fragen dazu.
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Am Dienstag vergangener Woche zog ÖFB-Präsident Gerhard Milletich die Konsequenzen aus der „Inseraten-Affäre“ und trat zurück. Drei Tage später wurde der Ziersdorfer Hans Gartner zum Nachfolger ernannt. Wir beleuchten die Hintergründe.

Warum Gartner?

Gartner wurde nach dem „Ausschlussprinzip“ ÖFB-Präsident. Die Satzungen sehen vor, dass einer der Vizepräsidenten den Verband bis zur nächsten Hauptversammlung interimistisch führen muss. Milletich hatte vier Stellvertreter. Josef Geisler (Tirol) und Gerhard Götschhofer (Oberösterreich) galten als große Widersacher von Milletich, waren deshalb nicht mehrheitsfähig. Admira-Präsident Philipp Thonhauser (Vertreter der Bundesliga) stand aus zeitlichen Gründen nicht zur Verfügung.

Es blieb Gartner als „logischer“ Nachfolger übrig. Auch, weil der 71-Jährige keinem Lager zugerechnet werden kann. Mal zeigte er sich Milletich gegenüber kritisch, mal stärkte er ihm den Rücken. Das Votum in der Präsidiumssitzung in Graz am Freitag fiel de facto einstimmig aus, nur Gartner enthielt sich der Stimme. „Ich sehe es als meine Pflicht an einzuspringen, wenn der Präsident ausfällt. Ich hätte aber auch kein Problem damit gehabt, wenn es ein anderer Vize gemacht hätte“, übt sich Gartner in Understatement.

Wie lange wird Gartner Präsident bleiben?

Es braucht eine außerordentliche Generalversammlung, um einen neuen „regulären“ ÖFB-Präsidenten zu wählen. Diese findet wohl erst im Mai oder Juni statt. Ob sich Gartner vorstellen könnte, für die nächste volle Periode zu kandidieren? „Nein! Ich möchte das nur interimistisch machen.“ Gartner firmiert als „geschäftsführender Präsident“. Der Zusatz bezieht sich darauf, dass er die Geschäfte bis zur Hauptversammlung führt. Gartner bleibt übrigens NÖFV-Präsident, auf eine Vertretungslösung für die wenigen Übergangsmonate will man verzichten.

Was ist von Gartner zu erwarten?

Im Gegensatz zu Milletich, der sich nicht als Brückenbauer verstand, will Gartner die tiefen Gräben, die innerhalb des Verbandes entstanden sind, zuschütten. Sein Plan? Er will mit allen Präsidiumsmitgliedern Vier-Augen-Gespräche führen. Und er will dasselbe mit den beiden Geschäftsführern Bernhard Neuhold und Thomas Hollerer tun, deren immer offener ausgetragene Fehde die Eskalation im Verband anheizte. Gartner ist bewusst, dass der ÖFB in den vergangenen Wochen einen argen Imageschaden erlitt. Sein Ziel als Interimspräsident: „Das ÖFB-Schiff in ruhige Gewässer lenken.“

Ist Gartner dem Amt gewachsen?

Der 71-Jährige gilt bei vielen Kritikern als Paradebeispiel für das verstaubte Funktionärsbild im ÖFB-Präsidium. Gartner war in der Vergangenheit auch oft für unbedarfte Sager gut – Wasser auf die Mühlen seiner Kritiker. Der Ziersdorfer musste sich in diversen Internet-Foren oft als „alter Trottl“ beflegeln lassen. Wie er damit umgeht? „Der Freitag markiert einen Neustart. Ich denke, dass das Verhalten aller Präsidiumsmitglieder dafür wesentlich ist. Ich persönlich nehme Kritik offen und respektvoll an, sofern sie zumindest ansatzweise konstruktiv ist.“