Superstrolche mit Handicap

Ziemlich fix wären die Bremer Stadtmusikanten vor Neid erblasst, angesichts des Equipments, das Cleopatra, Serafina und Co. mit sich bringen. Allen tierischen Hauptakteuren gemein ist allerdings deren Handicap. Während im Märchen der Gebrüder Grimm ein Esel, ein Hund, eine Katze und ein Hahn von ihren Besitzern getötet werden sollten, weil sie zu alt geworden waren, erging es den fünf Hunden und zwei Katzen, die bei Conny Schuch ein Zuhause gefunden haben, davor in ihrem Leben nicht viel besser: Sechs der in Summe sieben Tiere haben ein Handicap.

Gelähmte Hinterbeine beispielsweise. Ihre heutige Besitzerin, Cornelia Schuch, hat das allerdings nicht abgeschreckt. „Ich selbst bin psychisch erkrankt und wurde schon zu Schulzeiten oft ausgelacht. Ich weiß, wie es ist, anders zu sein“, erzählt die 32-jährige Kohfidischerin, die zweimal die Woche beim Verein ProMente tätig ist.
Fünf Hunde und zwei Katzen leben bei Conny zuhause, die sich ihre Tiere zur Lebensaufgabe gemacht hat. Da wären zum Beispiel Katze Cleopatra, deren Hinterbeine gelähmt sind, ebenso wie jene von Hündin Ella. Weil aber „geht nicht, gibt’s nicht“ im Hause Schuch gilt, sausen beide Tiere mittlerweile mit Rollwagerl durch die Gegend.

„Cleopatra ist blitzschnell, trotz ihrer tauben Hinterbeine, das mag man gar nicht glauben“, lacht das Frauchen, das wirklich jede Minute seines Lebens seinen Tieren widmet. Kein Wunder also, dass auch die beiden Katzen brav und folgsam an der Leine gehen. Auch im Oberwarter EO trifft man die Samtpfoten zuweilen sogar an.
„Bis dahin war es natürlich ein langer Weg, um so ein Vertrauen aufzubauen, überhaupt bei so unabhängigen Tieren, wie Katzen. Aber mit vielen Schmuseeinheiten und Vertrauensübungen klappt das heute prima.“ Und sieht man sich die Videos von Conny Schuh an, wo Katze Serafina munter neben ihren Hundekollegen spaziert, wo Autos vorbeiflitzen und das Leben tobt, kommt man nicht umhin zu staunen, wie cool die Katze dabei bleibt.“
„Ach, glauben Sie mir, so war das anfangs nicht. Allein, bis ich sie an das Brustgeschirr gewöhnt habe, vergingen Monate. Anfangs spielten wir das ‚Ich bin eine tote Katze -Spiel‘ damit“, erinnert sich Conny heute lachend. Für das Leinentraining mit Katzen zuerst ruhige Orte zu wählen, um die Tiere an die Leine zu gewöhnen, sei ebenfalls sehr wichtig. Mittlerweile reist Conny Schuch manchmal sogar schon im Linienbus mit ihren Tieren in die große Stadt, um Freunde zu besuchen.
Was die 32-Jährige, die Zeit ihres Lebens selbst mit Handicaps zu kämpfen hat, an ihrer Rasselbande auf vier Pfoten so liebt? „Dass Tiere vorurteilsfrei sind. Ganz egal, wie du ausschaust, oder was du tust, sie belügen dich nicht und wenn sie dich nicht mögen, wird nicht hinter deinem Rücken gelästert, sondern sie zeigen es dir sofort. Eigenschaften, die ich bei vielen Menschen oft vermisse.“